Full text: Von Plato bis zum 19. Jahrhundert (1. Theil, 1. Abtheilung)

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derts, besonders auch der französischen und englischen, und hat 
überhaupt, obwohl befangen in verständiger Reflexion, mannigfach 
gesunde Ansichten. Ja, er offenbart zuweilen einen Instinkt für die en 
spekulative Erkenntnifs, der in der "That erstaunenswerth ist, z. B. We 
wenn er!), die Theoristen in „empfindsame Polyhistoren“ (wie zZ. B. I 
Winckelmann), „Rhapsoden“ (worunter er die blofse Reflexionsmen- „IE 
schen versteht) und „philosophische Kritiker“ eintheilend, von den 1 
letzteren sagt: „Der philosophische Kritiker mufs Genie Be 
„zur Kunst selbst besitzen... Nicht erst durch Vernunftschlüsse; 
„mufs er sich fähig zu machen brauchen, die Reize des Schönen A 
„zu empfinden, es mufs sich schon seinem Gefühl mit unwidersteh-; ser 
„licher Evidenz offenbaren; fortgezogen von seinem Zauber, mufs £ 
„seine Vernunft nicht Zeit haben, eine Reihe von Warum’s zu ver- Chen 
„folgen... Allein dieser Zustand kann nicht lange dauern, die Ver- „Ale 
„nunft mufs zum hellen Gefühle ihrer selbst übergehen. Nun rich- ‚zen 
„tet sie ihren Blick auf den Zustand im Genusse des Schönen, A 
„der ihr in der Erinnerung noch vorschwebt, und so gewifs sie ist, Grun 
„dafs jene Begeisterung nur durch innigste Harmonie des. er-; Natld 
„schienenen Ganzen mit ihrer freien Natur möglich war, Inder 
„so zuversichtlich fördert sie nun die Gesetze, nach welchem das A 
„Spiel der Seelenkräfte erfolgte...“ — Das sind aus jener Zeit „ZU 
merkwürdige Worte, die eine tiefe Voralınung vom Wesen des in- 
tuitiven Erkennens verrathen, nur dafs darin die Spekulation, in ansCh 
welcher Beides, Intuition und bewufstes Erkennen der Cründe, Vor- 30.4 
bunden ist, in ihre Moments zerlegt wird, als ob diese nur in zeit- rel 
licher Aufeinanderfolge und nicht in steter Wechselwirkung funktio- Kond 
nirende Vermögen seien. Aber dies ist auch darin das einzige Kenn- ng 
zeichen dafür, dafs der Gedanke der Reflexionsperiode angehört, a 
290. Heydenreich hat es nun weniger auf eine Metaphysik 4 
des Schönen, als auf Das, was man damals unter einer Theorie der 
Künste verstand, abgesehen. In der ersten Betrachtung untersucht 
er die Gründe, warum bei den Alten die Künste nicht nur in voll- 
kommnerer Weise getrieben, sondern auch richtiger beurtheilt (?\ und N 
höher geschätzt wurden als bei den Neuern, und giebt dafür den n 
ganz richtigen Grund an, nämlich weil „die Stoffe der Alten aus An 
„dem Gebiet des Vaterlandes, ihrer bürgerlichen Gesellschaft ge- nn 
—_ üahd 
1) Vorrede zum Systeme der Aesthetik p. XVIL #. — Am Ende dieser Vorrede, Alle 
die nach Abfassung dieses Werkes geschrieben wurde, bemerkt er in einer Anmerkung, es 
sei „unerwartet aufmunternd“ für ihn, dafs „Herr Prof. Kant, in seiner eben erschiene- 
„nen Kritik der Urtheilskraft die Empfindungen des Erhabenen dem Grunde nach auf! 
„dieselbe Weise entwickele, wie er (Heydenreich) es seit Jahren gethan“.
	        
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