564
im Sinne der Baumgarten’schen Popularästhetik. Dabei hat er aber )
_— und hier zeigt sich der Einflufs Kants — eine ganz richtige
Vorstellung von Dem; was solcher Untersuchung vorausgehen mus.
Er sagt (S. 60): „Tiefe Untersuchungen über die Natur der Em- (
„pfindsamkeit, ihr Verhältnifs gegen die übrigen Kräfte der Seele“ Al
u. s. f. müfsten zuvor angestellt werden. Man habe „viele Schriften Fr
„über den günstigen Einflufs des Geschmacks auf die Sittlichkeit; Eröl
„aber er wundere sich, dafs man nicht noch mehre über das Gegen- Yes
„theil hat... Man nehme den Geschmack als ein Vermögen an, die %
„Schönheit zu beurtheilen, allein man bestimme vorher nicht, was WI
„eigentlich in der Natur oder Kunst wahrhaftschönsei..“
u. s. f. In der dritten Betrachtung geht er nun in eine historische di
Kritik der Kunstphilosophie ein, deren Idee er zuerst in Leibnitz 4
findet. Er zeigt sehr richtig, dafs Baumgarten’s Aesthetik eigent- Sch
lich nur auf die Poesie pafst und dafs (S. 78) „Tonkunst, Tanz- %
„kunst und die bildenden Künste dabei leer ausgehen müssen“. als
In der vierten Betrachtung kommt er dann auf Kant, dessen (
Bemerkung!) über die Unmöglichkeit einer Aesthetik im Sinne einer A
auf Vernunftprincipien begründeten Wissenschaft des Schönen er MA
citirt und dazu bemerkt, es sei dies „ein Ausspruch, der besonders dl
„aus dem Munde eines Weltweisen, wie Kant, von aulserordentlicher fr
„Wichtigkeit ist“. Auf diese Frage geht er nun näher ein, und fi
hier ist es denn in der That erstaunlich zu bemerken, wie Heyden- TE
reich — lediglich aus dem allgemeinen Princip Kant’s heraus und 2
ohne dessen Kritik der Urtheilskraft zu kennen — allein durch die
Aufstellung gewisser Probleme völlig auf den Gedankengang Kant’s %
kommt. Aber auch seine Definitionen stimmen in auffälliger Weise n
mit denen Kant’s überein. Dies sagt er auch selbst (S. 110). In ;
der fünften Betrachtung erörtert er das Wesen der schönen {f
Künste, indem er daraus die Arten derselben, nämlich Tonkunst,
Tanzkunst, Bildende Künste, Gartenkunst, Dichtkunst und_ Schau-
spielkunst entwickelt. Was man auch gegen diese Schematik sagen
mag, so ist doch seine Grundanschauung über die Popularästhetik, .
selbst über die von Moritz, weit hinaus; denn, um nur das Eine
zu bemerken: schon in der negativen Bestimmung des Begriffs der
schönen Kunst, d. h. in der Aufzählung der Eigenschaften und Zwecke,
die ihr nicht zukommen, zeigt er einen bedeutenden Fortschritt.
Er sagt nämlich (S. 183): „Weder Erregung des Vergnügens, noch
1) In der Kritik der reinen Vernunft (S. 21); die Kritik der Urtheilskraft war
damals noch nicht erschienen.