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chen endet dann mit einer Untersuchung über den Begriff der
Empfindsamkeit, die er, wenn sie „selbstschaffend“ ist, als die
eigentliche Natur des künstlerischen Genies betrachtet; worauf er
am Schlusse noch ein sehr detaillirtes Programm über die Fragen +
aufstellt, welche er im zweiten Theil behandeln wolle, Dafs er — Se
vielleicht durch Kant’s Kritik der ästhetischen Urtheilskraft abge- I
schreckt — nicht dazu gekommmen ist, dies Programm auszuführen,
ist in der That zu bedauern, denn es enthält fast alle wesentlichen ;
Momente einer Philosophie der Kunst in Form zu lösender Aufgaben. /
Wenn man nun sagen kann, dafs Heydenreich, obschon sei- )
nem Grundprincip nach durchaus in Kant wurzelnd, einerseits —
jedoch eigentlich nur durch die Form seines Reflektirens — noch
in der vorkantischen Popularästhetik steckt, zu der er sich inde(s
stofflich durchaus im Gegensatz weifs, so geht er doch andrer- A
seits, was Fülle, Klarheit und Umfang seines substanziellen Kunst- N
anschauens betrifft, in mehrfacher Beziehung über Kant hinaus. Er Cl
ist, was praktische Theorie der Künste betrifft, als der erste syste- Mu
matische Theoretiker zu betrachten, der von den späteren Kantianern AM
mehrfach benutzt worden ist. Zum Dank dafür ist er ziemlich un- un
bekannt geblieben; ein Grund mehr, um ihm in einer kritischen il
Geschichte der Aesthetik die entsprechende Würdigung angedeihen
zu lassen. C
Cap. VIL.
III. Die nachkantische Popularästhetik. .
8. 47. Allgemeine Charakteristik der ästhetischen Standpunkte
Schiller’s, Jean Paul’s und W. v. Humboldt’s.
991. Es könnte die Frage aufgeworfen werden, ob die nach-
kantische Popularästhetik — wozu wir Aesthetiker wie Jean Paul,
Wilhelm von Humboldt, besonders aber Schiller, denen sich
dann noch andere, wie v. Rumohr u. s.. f. anschliefsen, zählen —,
statt sie noch zu dieser Periode zu rechnen, nicht vielmehr als Vor-
stufe der neuesten Periode, d. h. der spekulativen Aesthetik, zu
betrachten sei. Dies zwar kann nicht bezweifelt werden, dafs, wie
sie auch in einzelnen Fragen von Kant abweichen, ja über ihn hin-
ausgehen mag, sie doch im Princip ihrer Grundanschauung durchaus
auf ihn sich gründet. Gleichwohl weht aus der Art und Weise _der