Full text: Von Plato bis zum 19. Jahrhundert (1. Theil, 1. Abtheilung)

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die charakteristische Auffassung des Bildes prüft, gegen welc oA m 
das Motiv in Hinsicht des künstlerischen Werthes fast bedeutungs- 
os erscheint, kalt lassen, ja geradezu abstofsen kann. Man brauch 
ur einmal auf grofsen Ausstellungen die Bemerkungen zu hören, ' 
‚welche vor den Werken gemacht werden, um sofort zu wissen, ob 
man einen Laien oder einen Künstler vor sich habe. Während sic © 
jener fast ausschliefslich mit dem Inhalt der Darstellung beschäftigt, 
kümmert sich der Künstler meist nur um die Form, d. h. um die . 
Art der Auffassung. So wird auch in der Musik der „Laie“ dure 
das melodiöse Element, was (wenn auch hier in anderem Sinne), 
dem Naturschönen in der bildenden Kunst entspricht, mehr als ' 
durch das harmonische angezogen werden, und im melodiösen 
Gebiet wieder von den einfacheren, unmittelbar an das Gemüth: 
sprechenden, einen bestimmteren Gefühlsausdruck enthaltenden Me- 
lodien am meisten, während der „Künstler,“ d. h. der Musiker vo 
Fach (denn die anderen Künstler als solche stehen der Musik, wie 
umgekehrt die Musiker den bildenden Künsten, ebenfalls nur als 
Laien gegenüber) mehr dem Kunstgemäfsen, dem kompositionell- 
harmonischen Charakter, der mit dem ganzen System des techni 
schen Apparats in innigster Beziehung steht, seine Aufmerksamkeit 
zuwendet, wogegen das Melodiöse bei ihm ein geringeres Interesse 
erweckt. 
: „10. Wenn nun auch beide Standpunkte ihre, ob zwar entgegen 
gesetzte, Berechtigung haben, so ist doch zu bemerken, dafs diese 
Berechtigung — wenn wir uns dem Gebiet des Kunstschönen gegen- 
über befinden — als eine höhere auf Seiten des Künstlers als au 
der des Laien aufzufassen ist. Denn wenn auch zwar das „Was,“ 
d. h. das Motiv — selbst im Sinne der objektiv-poetischen Wirkung 
— als das Prius erscheint, die Darstellung dagegen, auch in Hin- 
sicht der Technik, als Mittel zum Zweck, als das Sekundäre, so 
bleibt diese Seite doch für die Beurtheilung des Kunstwerks, 
als Produkts subjektiv künstlerischen Schaffens, das Essentielle. Die 
Wahrheit liegt freilich auch hier — nicht in der Mitte, sondern — 
in der Aufhebung des Gegensatzes zu einer höheren Einheit, oder, 
in der Forderung, dafs das Kunstwerk im objektiven und subjek 
iven Sinne schön sei, womit ausgesprochen wird, dafs sein absolu- 
er Werth nur durch das Verhältnifs beider Momente in ihrer Be 
ziehung zu einander bestimmt werden kann.?) 
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') Auch über die dem Künstler eigenthümliche Weise des Anschauens und Ur 
heilens kann in ausführlicher Weise erst später, und zwar in der „Kunstlehre“, ge- 
sprochen werden. Hier ist nur, für die Vergleichung mit der Anschauungsweise des
	        
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