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solbeziehung soll auch nicht dies gemeint sein, dafs die Theorie als
solche eine Kunstentwicklung hervorzubringen vermöge, oder dafs die U
raxis im Stande sei, eine Theorie zu erzeugen, sondern nur dies en
als, sobald die Theorie einmal erwacht ist, nicht nur sie durch Gl
die Praxis, die ja ihr nächstes Substrat bildet, beeinflufst wird; son- ie
ern ebenso sehr auch die letztere durch jene in ihren Richtungen LU
bestimmt wird. Und zwar ist dies Letztere in steigendem Grade de U
Fall, d. h. je mehr jenes natürliche und gleichsam unbefangene il
asein der Kunst abnimmt, in welchem der dem wahren Künstle DI
immanente Instinkt unbewufst und aus innerer Nothwendigkeit das Pd
ichtige trifft — um der Reflexion, d. h. der Möglichkeit des Irr-
hums, den Platz einzuräumen, wie dies seit dem schmählichen Ver- rd
all der Kunst im 18. Jahrhundert der Fall gewesen —, desto be- a
stimmter und unmittelbarer wird sich der Einflufs der Theorie auf A
die Praxis manifestiren, desto reicher und vollkommner hat sie sich .
aber auch selber herauszubilden, um den ihr von der Geschichte me
angewiesenen Platz einer Lehrerin der Kunst mit Recht beanspruchen SC
zu können. WC
Es darf uns daher nicht Wunder nehmen, dafs dieser nunmehr, {Be
immer fester sich gestaltende Zusammenhang am Ende des 18. Jahr- ul
hunderts sogar die Form eines Abhängigkeitsverhältnisses der prak Un
tischen von der theoretischen Kunstanschauung annimmt. SICH
Das Erste nun, wozu der praktisch - ästhetische Geist, d. h. die SCH
Kunst, griff, um sich aus der tiefen Misere des Kunstverderbnisse An
im 18. Jahrhundert herauszubringen, und aus der völligen Entnüch- N
terung und Geistlosigkeit des Zopfthums, dessen todtgeborne Formen
sich marionettenhaft zu einem eiteln und lügenhaften Leben aufspreiz- I
ten, zu sich selbst, d. h. zur Idee, zurückzukommen und sich durch en
solche Einkehr in sich mit wahrhaftem Inhalt zu erfüllen, konnte
zunächst nur in einer energischen Reaction gegen diese Geistlosig- m
keit und Lügenhaftigkeit bestehen: Die unästhetisch gewordene Kunst iin
mufste vor Allem negirt werden, um dem Geist freie Bahn z 8
schaffen und ihn fähig zur Aufnahme eines neuen substanziellen m
Inhalts zu machen. m
Diese Reaction konnte einen doppelten Weg einschlagen, den
eg der Wissenschaft und den der künstlerischen Praxis; in beiden
Fällen aber, da der Inhalt überhaupt sich erschöpft hatte und nicht
als die leere und vertrocknete Hülse konventioneller Formen übrig
eblieben war, in denen der an sich todte Inhalt zu einem künst
lichen Leben aufgalvanisirt wurde_ -—” wie die Sucht beweist, antik
mythologische Vorstellungen als Mittel einer ebenso nüchternen. und