Man könnte den Vorgang in einem Bilde darstellen: eine
einem Goldschmied wird ein Stirnband gezeigt, und er oder
faßt den Gedanken oder erhält den Auftrag, seinerseits daß:
ein Stirnband zu machen. Nur die äußere Form des zieh
Stirnbandes soll mehr oder minder beibehalten werden. ind
Hinter ihm befindet sich eine Truhe voll von Edelsteinen Stofi
und Metallen, vor ihm der Tisch mit den Werkzeugen. liche
Er geht an die Arbeit und sucht aus dieser Truhe die Eind
ihm passenden Edelsteine und Metalle aus und bearbeitet sind;
und formt sie so lange, bis das neue Diadem vollendet wegı
ist. Der Goldschmied ist der Dichter; das erste Diadem samır
die Anregung; die Truhe ist sein Gedächtnis, sie enthält an’
sein Material, seinen Stoff: die Eindrücke des Lebens, Aı
die er in seiner Phantasie umordnet und zu einem neuen nach
Diadem, seiner Dichtung, seinem Gemälde, formt. Bis- davo
her pflegte man das erste Diadem den Stoff, das neue davo
das Werk zu nennen, was über den geistigen Vorgang ältes
irre führen muß. Kun:
Diese Formung ist die Aufgabe des Künstlers: eine Wirk
Bearbeitung und Neuzusammensetzung seiner Erinne- die i
rungsbilder. Diese Erinnerungsbilder mögen nun sehr ohne
oft Bilder natürlicher Gegenstände und Vorgänge — tive
Menschen, Tiere, Landschaften, Ereignisse — sein. Da- Kun:
durch, daß diese in Kunstwerken bearbeitet wieder: Fehl:
erscheinen und in manchen Fällen eine gewisse Illusion liche
entsteht, als hätte man Wirklichkeit vor sich — eine Er- weis!
scheinung, von der noch die Rede sein wird —, ist der ist.
Irrtum entstanden, daß das Kunstwerk wesentlich eine nis d
Nachahmung der Natur sei. zu t
Daß beim Tanz, bei der Musik, bei der Architektur zum
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