Full text: Das aesthetische Problem

Vollendung des Werks auch diese assoziativen nicht- Fo 
künstlerischen Wirkungen steigert und erhöht. Der sin 
Laie, der sich dieses Ineinandergreifens verschiedenster kei 
Faktoren nicht bewußt ist, scheidet sie fast nie und der gra 
Kritiker nur selten. lich 
Da ihr Beruf die Gestaltung der Eindrücke ihres ; 
Lebens ist, so ist es mehr oder minder selbstverständ- Ku 
lich, daß die Künstler dem Leben ihrer Zeit, ihres die 
Volkes, ihrer Umwelt Ausdruck geben. Im Grunde ist WE: 
es anders gar nicht möglich. Auch der Künstler, der, Fr: 
durch Schilderungen der Vergangenheit angeregt, Bilder die 
und Vorgänge einer vergangenen Zeit in seiner Phan- Eis 
tasie entwickelt und gestaltet, gibt ihnen eine Form der gis| 
eigenen Zeit, und nur auf diese Form kommt es an; er do. 
kann ihnen gar keine andere geben; er sucht nur durch sch 
diese Form die Illusion und Stimmung von Vergangen- Me 
heit hervorzurufen. Racine und Corneille stellten keine Mo 
Griechen, sondern Franzosen des siebzehnten Jahr- urt 
hunderts und Shakespeare in seinen Römerdramen Eng- du: 
länder des sechzehnten auf die Bühne; seine Dramen ler: 
sind Werke der englischen Renaissance, so wie die risı 
Racines und Corneilles solche des französischen Barock zäl 
sind, auch wenn sie sich noch so sehr einbildeten, Dra- ihr 
men in griechischem Stil zu schreiben. Und selbst wenn ler 
es gelingen sollte, Menschen einer vergangenen Zeit de) 
richtig darzustellen — wir können ja immer nur die Ab 
Musion der Vergangenheit, nie die wirkliche Überein- in 
stimmung mit ihr feststellen —, Sprache, Auffassung stä 
und Darstellung, also die Form müßte immer die der „5; 
eigenen Zeit bleiben, oder es ist überhaupt keine eigene En 
46
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.