Full text: Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz (1. Band)

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Klassen. Ja man geht noch weiter und will die directe sociale 
Beglückung durch den Staat sogar auf fremde Länder ausdehnen 
und die Auswanderung von Staatswegen organisiren. So hat der 
kantonale Arbeiterverein in Glarus Anfang 1873 in einer Me- 
morialeingabe beantragt, von Staatswegen einen grössern Land- 
complex in Amerika anzukaufen, um hiervon Parzellen an schwei- 
zerische Auswanderer abzugeben. Der Glarner Landrath fasste 
den Beschluss, die Eingabe zu einlässlicher Prüfung und Begut- 
achtung an die Standescommission zu weisen, welche ihre bezüg- 
lichen Anträge für die Landsgemeinde von 1874 zu formuliren 
hat. Die principielle Lösung dieser Frage ist mithin auf ein 
Jahr verschoben worden. 
Es werden in unserer nach socialen Heilrecepten dürstenden 
Zeit wahrscheinlich noch mancherlei ähnliche Vorschläge auf- 
tauchen und je nach der Laune oder Bearbeitung des souveränen 
Volkes auch hier und da Berücksichtigung finden. Aber es ist 
dafür gesorgt, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen, 
und dass verkehrte Beschlüsse einfach an der Unmöglichkeit 
der Ausführung scheitern. Es kommt eben im öffentlichen Leben 
nicht bloss auf die Decretirung von Gesetzen, sondern vielmehr 
auf die Art ihrer Handhabung und auf die Verwaltung an. In 
dieser Hinsicht lernen auch die radicalsten Parteien, wenn sie 
an’s Ruder kommen, sehr rasch die Schwierigkeiten des Regie- 
rens kennen. Ausserdem sorgt die Natur der Dinge schon da- 
für, dass es die Arbeiter sehr rasch am eigenen Erwerb ver- 
spüren, wenn es den Unternehmern schlecht geht und wenn sich 
das Capital wegen Ueberbürdung und kurzsichtiger Misshandlung 
scheu zurückzieht. Wie unberechenbar das souveräne Volk ist, 
weil es sich bald von diesen, bald von jenen Strömungen oder 
Befürchtungen leiten lässt, davon hat die letzte Volksabstimmung 
des Kantons ‚St. Gallen vom Februar 1873 Zeugniss abgelegt, bei 
welcher neben dem Fabrikgesetz auch das Erbschaftssteuergesetz 
mit grosser Stimmenmehrheit abgelehnt worden ist, obwohl da- 
durch yorzugsweise nur die höhern und mittlern Erbschaften in 
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