Full text: Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz (1. Band)

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wir von den vertragsmässigen Fr. 300 ab — bleibt ihnen bei ihrem Aus- 
tritte immer ein Betrag von netto ca. Fr. 150—200. 
In der Regel ‚behalten wir die Töchter nicht länger als 4 Jahre. Bei 
ihrem Austritte gehen die Wenigsten wieder in Fabriken; sie zerstreuen sich 
da und dorthin, gehen zu Eltern, Verwandten und Bekannten, widmen sich 
Diesem oder Jenem, verdingen sich als Mägde; meistens aber erlernen sie 
weibliche Berufe, wobei wir ihnen behülflich sind. Wir haben fortwährend 
15—20 Anstalts-Töchter in der Lehre unter unserer Controle (wobei die 
Hausväter immer wieder mithelfen) nach Anleitung der Statuten unsers 
Töchterfonds, aus welchem Beiträge: an die Erlernungskosten fliessen.“ 
NB. Der von Herrn Caspar Appenzeller mit einem Capital von 
50,000 Fr. gestiftete Töchterfonds hat nach $ 1 den Zweck „armen und 
würdigen Töchtern von 16—20 Jahren, Fabrikarbeiterinnen, denen es an 
genügender Unterstützung gebricht, möglich zu machen, unter ehrenfester 
und tüchtiger Leitung einen weiblichen Beruf zu erlernen und während 
ihrer Lehrzeit in achtungswerthen Familien Unterkommen zu finden.“ 
Aehnliche Beachtung verdient das im Jahr 1869 gegründete 
Mädchen-Asyl der HH. B. Rittmeyer & Co. im Sitterthal bei 
St. Gallen, welches in gleicher Weise die Aufgabe löst, armen 
Mädchen Kost und Logis, Arbeit und körperliche, geistige und 
sittliche Erziehung mit nicht unbedeutenden Ersparnissen vom 
Erwerb zu verschaffen. *) Dieses Asyl ist mit einer Maschinen- 
stickerei verbunden und bildet die Mädchen für diese Industrie 
aus, wobei ihnen jedoch noch anderer Unterricht und Anleitung 
zur Handarbeit, zur Gartenarbeit und zu Hausgeschäften gegeben 
wird. Vom vierten Tage seines Aufenthaltes im Asyl an erhält 
jedes Mädchen Lohn und zwar 80 Cts. per Tag im ersten Jahr, 
1 Fr. im zweiten, 1 Fr. 20 im dritten und 1 Fr. 60 Cts. im 
vierten Jahr. Je hach den Leistungen oder dem Wohlverhalten 
wird rascher oder langsamer mit dem Lohne gestiegen. Dieser 
Lohn wird den Mädchen gutgeschrieben unter Abzug der Kosten 
für neue Kleider, Schuhe, Nahrung und Wäsche. Das tägliche 
Kostgeld berechnete sich im Jahr 1871 auf 43—-44 Centimes. 
Unter diesen Umständen können die Mädchen ansehnliche Er- 
*) Siehe Bericht über das Mädchenasyl im Sitterthal, Gemeinde 
Straubenzell bei‘ St. Gallen, 18369 —1871. St. Gallen, Druck der Zollikofer- 
schen Druckerei. 
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