Full text: Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz (1. Band)

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staatliche Dazwischenkunft und Aufsicht nicht nur erhalten, sondern eher 
noch vermehren, als mit und bei einer solchen. 
Will der Staat nun auch bei uns, wie in vielen Industrieländern, das 
Fabrikwesen unter seine Aufsicht stellen und sanitarische Verbesserungen 
einführen, so habe ich folgende Vorschläge zu machen: 
1) Vollständige, regelmässig durchgeführte Ventilation (Lufterneuerung) 
in allen geschlossenen Fabrikräumen. Obschon durchschnittlich der Kubik- 
inhalt der Luftmenge im Verhältniss zur Zahl der Arbeiter gross genug ist, 
so ist doch bei der beständigen Abgeschlossenheit, besonders bei schlechter 
Witterung, für die Abfuhr der ausgeathmeten Kohlensäure und die Zufuhr 
frischen Sauerstoffes zu wenig gesorgt, und ausserdem ist die vorhandene 
Luftmenge mit Baumwollen- und Roösshaarstaub, Oel- und Wasserdämpfen 
und Farbstoffausdünstungen verunreinigt. Diese Verumständungen bilden die 
Ursache von mangelhafter Blutbildung, von daherigem blassem Aussehen 
und schwächlicher Körperbeschaffenheit, — unbedingt die wesentlichen Unter- 
schiede zwischen Fabrik- und Landarbeitern. 
Das Oeffnen der Fenster am Morgen vor Beginn der Arbeit, theilweise 
auch während der Arbeit, ist eine Verbesserung, genügt aber nicht, indem, 
‘wenn es auch dann und wann geschieht, es doch zugestandenermassen nie- 
mals in der schlechtern, länger dauernden Jahreszeit bewerkstelligt wird. 
Es müssen zu diesem Zwecke Apparate und Einrichtungen angebracht werden, 
welche entweder mit der Luftheizung in Verbindung stehen oder durch 
besondere Maschinen bedient werden. Das Nähere hierüber gibt die Technik 
an. Es ist durchaus nothwendig und unerlässlich, dass der Staub, die Oel- 
und Farbdünste fortwährend und regelmässig aus den Fabrikräumen abge- 
leitet werden, sonst ist an eine gründliche sanitarische Verbesserung nicht 
zu denken. Der Gesundheitszustand der Fabrikarbeiter in Pfyn beweist, 
wieviel in dieser Beziehung mit wenig Kosten geleistet werden kann*). — 
*) Die Spezialberichte enthalten über die Spinnerei von Bertschinger 
in Pfyn folgende Bemerkungen: Arbeitszeit 18 Stunden. Sämmtliche Batteurs 
und Carderiearbeiter, 4 männliche und 10 weibliche sind gesund, haben keiner- 
Jei Brustbeschwerden, Husten oder Engbrüstigkeit. Die 6 Spinner und 83 
Hasplerinnen gesund. Die, Kinder, 9 Knaben und 9 Mädchen, ebenfalls 
gesund, arbeiten nur neben der Schule. Ein einziges von diesen Mädchen 
ist kränklich und war es schon vor Eintritt in die Fabrik. Seit Neujahr 
wird in der Karderie wegen geringer Maschinenzahl auch Nachts 11 Stunden 
gearbeitet. Die Arbeiter wechseln wöchentlich mit der Tag- und Nachtarbeit. 
Es wird über den Mangel einer Pause zur Mitternachtzeit geklagt. — Die 
Ventilation ist ziemlich gut eingerichtet, nämlich mit der Luftheizung in 
Verbindung gebracht; die Abzugskanäle für die verdorbene Luft sind grösser 
als alle bisher gesehenen, daher auch der befriedigende Zustand der Kar- 
deriearbeiter in Bezug auf ihre Respirationsorgane. Doch ist während der
	        
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