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Inkrafttreten der neuen Werkstattordnung würde aber wahrschein-
lich das Gegentheil zur Folge haben. >» Da nun die Werkstatt-
ordnung von den Arbeitern nicht angenommen wurde, ging dieser
Vorschlag der Gewinnbetheiligung nicht in die Wirklichkeit über.
14. Handwerkerlöhne und Handwerkerverhältnisse.
In der socialen Bewegung unserer Tage handelt es sich bei
den Erörterungen über Arbeiter-Verhältnisse vorzugsweise um die
Lage der in Fabriken beschäftigten Lohnarbeiter. Die Grossindustrie
mit ihren auf einzelne Punkte zusammengedrängten Arbeitermassen
beschäftigte bisher die Aufmerksamkeit viel mehr als das Hand-
werk mit seinen in vielen kleinern Werkstätten zerstreuten Ge-
sellen und Lehrlingen. Vor zwanzig und dreissig Jahren, als noch
die Zünfte mit ihren alten Ordnungen bestanden, wendeten sich
die socialen Reformbestrebungen vorzugsweise dem Zustande des
Handwerks zu, welches man vor Allem aus seinen alten Banden
und Zunftschranken befreien musste. Mit der Einführung der
Gewerbefreiheit trat das Handwerk als solches für die Gesetz-
gebung und Verwaltung und für die Politik mehr in den Hinter-
grund.
Aber in neuester Zeit drängen sich die Fragen in Betreff
der Lage des Kleingewerbes mit Macht wieder in den Vorder-
grund der öffentlichen Besprechung, denn die Arbeiterbewegung
wird durch das rasch fluetuirende und meist ledige Element der
Handwerksgesellen im Gange erhalten und die Strikes kommen
auf dem europäischen Continent vorzugsweise im Handwerk vor.
Die Zahl der Angehörigen des Handwerkerstandes überwiegt immer
noch beträchtlich die Zahl der eigentlichen Fabrikarbeiter und
der Weg in die Fabrik geht vielfach durch die Handwerksstätten.
Alle Diejenigen, welche im Handwerk immer noch einen goldenen
Boden und die Vorstufe für den eigentlichen Mittelstand erblicken,
sollten namentlich die Verhältnisse des Lehrlingswesens sorgfältig