Full text: Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz (2. Band)

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ausserordentliche Anstrengung möglich gewesen sei, sich ordentlich durch- 
zubringen.» Die Arbeitszeit war im Sommer von Morgens 5—12 Uhr und 
Nachmittags 1—8"/, Uhr, so lange es Tag war und würde bei Tageshelle 
bis 10 Uhr gewesen sein. Von Feierabend keine Spur. Im Winter von 8 
bis 12 Uhr und von 1—11 Uhr Nachts, bei einem grossen Theil noch später, 
bei einer nachher zu beschreibenden Kost. Der Arbeiter im Wochenlohn 
wie in Stückarbeit hatte die. gleiche Zeit zu arbeiten. Der Wochenlohn 
betrug 2—3 Fr. nebst Kost und Logis. Der Stückarbeiter mit Kost und 
Logis brachte es nicht über 3—4 Fr. Beide Arbeiter mussten aus diesem al 
Lohn noch Werkzeug und Wäsche bestreiten. Kost und Logis waren sehr 
mangelhaft. Der Arbeiter erhielt Morgens den Caffee und ein Stück Brod, 
Mittags Suppe und Gemüse mit etwas Fleisch (4 Tage kein Fleisch), Abends 
Caffee und ein Stück Brod, dann nichts mehr bis zum andern Morgen. Diese 1 
Kost war noch in den meisten Fällen sehr schlecht. Es ist das kein gutes 
Zeugniss für die Meister, aber man muss zugestehen, dass die Meister selbst 
genug zu thun hatten, um durchzukommen, Der Arbeiter sass nie am Tisch © 
des Meisters, sondern man brachte ihm sein Essen auf die Werkstatt. Ein C 
Brett auf den Knieen war sein Tisch, oder es assen Alle aus einer Schüssel, 5 
So kam der fleissige Arbeiter nie zum Aufstehen oder Ausgehen. Ich möchte 
Ihnen nicht anführen, wie oft der Arbeiter weniger als ein Thier geachtet 
war und ich habe Ihnen in Bezug auf Wohnung und Kost nur den bessern 
Durchschnitt angegeben. Was das Logis anbetrifft, so hatte der Arbeiter in den 
meisten Fällen sein Bett in der Werkstatt, wo es schmutzig und unsauber 
genug aussah und daher die Krätze und Ungeziefer ihren Platz hatten. 
Bei den bessern Meistern hatten die Gesellen ein Zimmer zum Schlafen, aber 
sehr selten. Von der Luft, die sich in solchen Räumen befand, wo zur Winters- 
zeit bei Oel- und Talglicht gearbeitet wurde, will ich nicht sprechen. 
Jetzt sind die Verhältnisse anders. Der Arbeiter hat seine Kost nicht 
mehr beim Meister, sondern geht ins Kosthaus, wo er zugleich sein Logis 
hat. Die Arbeitszeit geht von Morgens 7—12 Uhr und Nachmittags von 
1—7 Uhr. — Der Lohn beträgt im Wochenlohn 15—18 Fr. und auf Stück- 
arbeit 20—30 Fr. bei andauernder Arbeit, so dass sich auch ein Arbeiter 
mit Familie jetzt anständig durchbringen kann. 
In früheren Jahren waren viel mehr Arbeiter als jetzt da und man 
brauchte auch die doppelte Anzahl, dagegen war auch der Verdienst von 
Meistern und Arbeitern um so viel niedriger, » 
Weiter berichten wir, dass sich die Schuhmachermeister und 
Arbeiter Zürichs über einen Lohntarif geeinigt haben. Der erste 
Tarif wurde im Jahr 1857 in Folge eines Begehrens um Lohn- 
erhöhung zwischen Meistern und Gesellen festgestellt. 1867 wurde 
der Tarif wesentlich erhöht und 1872 wurden zuverlässigen 
Arbeitern um 10—30 %, mehr bewilligt. Ein einheitlicher An-
	        
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