Full text: Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz (2. Band)

nehmendem Alter doch eher eine Erhöhung der Beiträge nöthig 
und wünschbar wäre. Der Vorstand setzte desshalb namentlich 
in letzter Zeit wieder sein Hauptaugenmerk darauf, dem Verein 
neue Mitglieder und damit neue financielle Mittel zuzuführen 
und er erliess einen Aufruf an alle dem Institute noch nicht 
angehörigen Besitzer von Baumwollspinnereien und Webereien 
des Kantons, um sie für dasselbe zu gewinnen. Der Erfolg der 
diessfälligen Bemühungen war die Beitrittserklärung von nur 
zwei neuen Mitgliedern, so dass der Verein deren nun 42 zählt, 
während immer noch circa 45 Etablissementsbesitzer sich scheuen, 
ihren Arbeitern das jährliche Opfer eines Beitrages von 1 Cen- 
time per Spindel und 20 Cts. per Webstuhl zu bringen. Von 
17 Fabrikbesitzern einer einzigen industriellen Ortschaft sind 
z. B. nur 2 Firmen Vereinsmitglieder. Es ist sogar vorgekom- 
men, dass der Besitzer einer kleinern Weberei in Wald nicht 
einmal die ihm unter Beilegung der Statuten frankirt zugesandte 
Einladung zum Eintritt in den Verein acceptirte, sondern die- 
selbe einfach mit der Bemerkung »refus&« an den Vorstand 
zurückspedirte. 
Ist es nicht eine beklagenswerthe Erscheinung, dass das 
Bestreben, der Armuth zu steuern und einer von Alter und Ge- 
brechen geplagten Menschenklasse helfend unter die Arme zu 
greifen, bei so vielen hiezu Berufenen noch keinen bessern Willen 
findet? Wem soll man die Verantwortlichkeit für die zu Tage 
tretenden Auswüchse socialer Anschauungen und Ideen zuschrei- 
ben, wem die Schuld beimessen, wenn Stimmen aus den besitzlosen 
Bevölkerungsschichten über Mangel an Gegenseitigkeit und Opfer- 
bereitwilligkeit auf Seite der besser gestellten Klassen klagen 
und diesen vorwerfen, es mangle ihnen an Verständniss ihrer 
Lebensaufgabe, an Fähigkeit, ihre eigenen Interessen und Pflichten 
zu erkennen und am Willen, sie zu erfüllen? 
Mit diesen Bemerkungen soll nicht beabsichtigt sein, in un- 
gebührlicher Weise einen Druck auf die Willensfreiheit der Ein- 
zelnen auszuüben, doch könnte es nur freudig begrüsst werden, 
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