Full text: Arbeiterverhältnisse und Fabrikeinrichtungen der Schweiz (2. Band)

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legung der Rede von Hrn. Kaiser und erklärte namentlich, dass die Arbeiter 
kein Vertrauen in die St. Gallische Kantonsregierung haben können, nach- 
dem diese dem Arbeiterbunde die Einräumung der Reitschule verweigert 
und damit bewiesen habe, dass sie für die Forderungen der Arbeiter kein 
geneigtes Ohr habe. Von den nachfolgenden Rednern ist noch einmal der 
Schneider Forster zu notiren, der sich mit den vom Vereinspräsidenten 
Fäh gestellten Anträgen nicht einverstanden erklärte, indem er meinte, dass 
ein Protest gegen die Beschlüsse der Meister gar nichts nütze, dass es da- 
gegen weit rathsamer sei, wenn sämmtliche dem Bunde angehörige Mitglieder 
nicht mehr an ihre Arbeit gehen, die Stadt St. Gallen jedoch nicht verlassen, 
sondern sich wieder in ihrem Vereinslokal versammeln, um weiter zu be- 
rathen, was anzufangen sei. Hierauf wurden. auf Antrag des Präsidenten 
folgende Beschlüsse 2efasst: a) sämmtliche Arbeiter versammeln sich morgen 
den 10. d. im Vereinslocal zum « Freihof »; b) sie ziehen in geordnetem 
Zuge in den Klosterhof vor den Regierungssitz; c) sie entsenden hierauf eine 
Deputation an ‚die Regierung mit dem Verlangen, dass die Regierung in 
einer sogleich abzuhaltenden Sitzung die « Arbeiterfrage » an die Hand nehme 
und ihren Entscheid den wartenden Arbeitern mittheile; d) werde den 
Wünschen der Arbeiter entsprochen, so sei es gut; werde nicht entsprochen, 
so werde man sich anders helfen müssen. 
Die Kantonsregierung hatte sich am 10. Juli zur Behandlung ihrer ordent- 
lichen Geschäfte und zur reglementarischen Sitzungszeit um 9 Uhr versammelt 
und sie war, nachdem ihr die Beschlüsse der Arbeiterversammlung von zu- 
verlässiger Seite zur Kenntniss gebracht worden — wie der Correspondent 
aus sicherer Quelle erfahren haben wollte — fest und einmüthig entschlossen, 
nicht unter dem Drucke einer Massendemonstration Rathschlag zu pflegen. 
Inzwischen kam der Regierung der Bericht zur Kenntniss, dass die Arbeiter 
von. einem Massenaufzuge abstrahiren und bloss für eine Fünferabordnung 
Gehör verlangen. Bei solcher Sachlage nahm die Regierung keinen Anstand, 
den Hrn. Landammann und den Vorstand des Polizeidepartements einzuladen, 
die Deputation der Arbeiter auf dem Amtszimmer des Finanzdepartements 
zu empfangen und die bisher von den Arbeitern der Regierung noch nicht 
eröffneten Wünsche anzuhören. 
Die Deputation der Arbeiter formulirte nun ihr Begehren vor der regie- 
rungsräthlichen Abordnung in folgender Weise: Die Regierung wolle ver- 
mittelnd einschreiten zu dem Zwecke, dass eine Abordnung von Meistern 
und Arbeitgebern zusammentrete mit einer Abordnung von Arbeitern, um 
namentlich über folgende zwei Punkte ein Einverständniss herbeizuführen: 
a) Reduction der Arbeitszeit auf ll Stunden mit Mittagsrast von anderthalb 
Stunden; b) Zurücknahme des Beschlusses der Meister vom 7. ds., wonach 
keine Internationalen als Arbeiter angestellt, beziehungsweise beibehalten 
werden sollen. Es war offenbar schon eine Rückkehr der Arbeiter zu 
besserer Erkenntniss ihrer Lage bemerkbar. Die Gleichen, die am Tage 
zuvor in ihrer Generalversammlung in der Bierhütte zu St. Fiden so gering- 
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