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einstellung beschränkte sich auf 2—3 Tage. Laut Fabrikreglement
ist 14tägige Kündigung angenommen, die nicht eingehalten wurde.
Störungen der öffentlichen Ordnung sind dabei nicht vorgekommen.
Die Arbeiter forderten Lohnerhöhung und Verminderung der Arbeits-
zeit. Die Fabrikinhaber traten auf die gestellten Forderungen
nicht ein, worauf die Mehrheit schon am zweiten Tage und nach-
her die übrigen Arbeiter die Arbeit wieder aufnahmen. Zwei
fremde Arbeiter, welche die Einstellung angestiftet hatten, wurden
entlassen, vier andere kündigten und alle andern Arbeiter setzten
ihre Arbeit fort, ohne die geforderte Lohnerhöhung zu erreichen.
Ueber diesen Strike haben sich zwei Zeitungsartikel aus ent-
gegengesetzten Lagern in folgender Weise ausgesprochen. Der
Leipziger « Volksstaat » brachte die erste Notiz, welche lautete:
« In Folge der ungemeinen Preissteigerung der Lebensbedürfnisse haben
die Bukskinweber von Fleckenstein-Schulthess eine Lohnerhöhung von 14%,
sowie statt der bisherigen fünf- bis siebenwöchentlichen Kündigungsfrist eine
solche von 14 Tagen gefordert. Obgleich in hiesigen Seidenfabriken der
Lohn freiwillig erhöht und die Arbeitszeit vermindert worden ist, so wurde
doch die Forderung mit grosser Entrüstung zurückgewiesen und dem Comite-
mitglied Seidel sofort gekündigt. Hierauf kündigten die übrigen 10 Weber
dem Fabrikanten, jedoch werden nur 6 auf ihrer Kündigung beharren. Die
süddeutschen Bukskinweber, namentlich die Reutlinger, werden daher ersucht,
den glänzenden Vorspiegelungen, unter denen.man sie höchst wahrscheinlich
hieher zu locken suchen wird, nicht zu glauben und nicht hieher zu kommen.
Das Logis und Kostgeld beträgt 17—18 Fr. (4 Thlr. 24 Sgr.), der Lohn
aber 26—27 Fr. in 14 Tagen. Kost und Logis zusammen ist ausserdem
noch kaum zu bekommen. Für ein Paar Stiefelsohlen zahlt man 4*/, Fr.
(1 Thlr. 6 Gr.) und für ein Paar neue Stiefeln 20 Fr. (5 Thlr. 10 Gr.) u. 8. w.
Dagegen veröffentlichte die N. Zürch. Ztg. folgende Berich-
tigungen:
« Die Behauptung, womit der Strike gerechtfertigt werden wollte, dass
die Arbeiter in Feldbach in 14 Tagen nur Fr. 26—27 verdienen können,
erweist sich nach den von uns eingezogenen Erkundigungen als unwahr —
eine neue Mahnung, den Schilderungen der Lage der Arbeiter, wie sie von
social-demokratischer und internationaler Seite verbreitet zu werden pflegen,
nicht blinden Glauben zu schenken. In Wirklichkeit verdienen nämlich zu
Feldbach fleissige Arbeiter und geübte Weber täglich Fr. 3'/, bis 4; am
11. November z. B., dem Tage der Arbeitseinstellung selbst, bezogen sechs
an dem Strike theilnehmende Weber folgende Löhne für 14tägige Arbeit: