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Die Gesellen forderten 10stündige Arbeitszeit, 20 °/, Lohnerhöhung,
Kost auswärts und Ansprache mit «Sie». Die Arbeitgeber
gründeten einen Verein und verpflichteten sich durch bindende
Statuten zu gegenseitiger Aushülfe. « Die Arbeiter fügten sich
der 1lstündigen Arbeit und sind auch in den übrigen Punkten
den Arbeitgebern. theilweise entgegengekommen. » Die Frage, ob
die Arbeitseinstellung von dem Bruch contractlich übernommener
Verpflichtungen begleitet gewesen sei, beantwortet Herr Keller
dahin: « Bei uns kommen Contracete gar nicht oder nur höchst
selten vor. > Er bemerkt weiter, dass bei etlichen Werkstätten
Störungen der öffentlichen Ordnung vorgekommen seien und poli-
zeiliche Hülfe in Anspruch genommen worden musste. Eine da-
mals im Tagblatt veröffentliche Erklärung der Schmiede- und
Wagnermeister Zürichs sprach sich dahin aus: « dass, wenn die
Polizeidireetion sich nicht veranlasst finde, den betreffenden Ge-
hülfen die Weisung zu ertheilen, an ihrer Arbeit ruhig verbleibende
nicht strikende Arbeiter in den Werkstätten in Ruhe zu lassen,
sich die Meister gegen allfällige Gewaltthätigkeiten dieser Art
zur Wehre setzen, sich aber der Folgeu entschlagen würden, die
durch Abnöthigung dieser Massregel entstehen könnten. » ;
5) Bewegungen im Züricher Schuhmachergewerbe.
Im Züricher Schuhmachergewerbe haben in den Jahren 1857,
1867, 1871 und 1873 Bewegungen stattgefunden, welche theils gegen
die früher gebräuchliche « Suppenkost », theils gegen die niedrigen
Lohnansätze gerichtet waren und schliesslich durch Aufhebung der
Suppenkost und durch Vereinbarung eines Lohntarifs friedlich
beigelegt worden sind. Nach den öffentlichen Erklärungen der
beiden betheiligten Parteien und nach den uns von dem Actuariat
und Präsidium des Züricher Schuhmachervereins gemachten Mit-
theilungen verhielt es sich mit diesen Schusterstrikes folgender-
massen :
Im Jahr 1857 wurde der erste Tarif für Schuhmacherarbeit
festgestellt. Im Jahr 1867 gelangten die Arbeiter wiederum an