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MBegetabilifhe Nohfloffe. IV, Cap.
Die Nebenproducte, die fih beim Berkoken der Steinkohlen gewinnen Laffen,
ind: Steinkohlentheer, woraus durch die Deftillation Steinkfohlenshl
und Bech gezogen werden Kann; ein ammoniumhaltiges Waffer, welches
in der Färberet al8 Beizmittel und zur Gärbung der ftärkften Ochfenhäute anmwend=
bar ift, am vortheilhafteften aber durch hemifche Behandlung auf Salmiat be-
nußt wird. 100 Pfund Steinkohlen geben bei der trocknen Deftillation 7 Pfund
Ammoniummaffer ; 100 Pfund diefes Waffer8 enthalten 15 Kfund Ammoniak
und geben, wenn man durch Zufag von fchmwefelfaurem Kalt (Gips) das Ammo-
niaf mit der Schwefelfäure verbindet und mit Kochfalz verfekßt, nahe an 45 Pfund
Salmiaf.
IV. Capitel.
Schilf undD Rohr.
Schilf und Nohr, zuweilen auch Nied nennt man die gegliederten Hal:
ne oder Stängel. der zu den Oräfern gerechneten Rohr= oder Schilfgewächfe,
melche fait ausfchließlich in ftehenden Waffern, an dem Rande von Teichen und
Seen, in fumpfigen Gegenden, oft in ungeheurer Menge und ohne Cultur wach-
jem und fowohl in der Landwirthfhaft als in der Technik auf mannigfaltige Weife
erwendet werden. Manche wollen zwifchen Rohr und Schilf einen Unterfchied
machen, und begreifen unter der Leßtern Benennung Hauptfächlich nur die Liefch-
Eolbe, jedoch ohne hHinreihenden Grund. Diefen Waffergemächfen fönnen noch an-
dere Ähnliche Pflanzen angefhloffen werden. Beide Iaffen fih in einheimifche und
ıu8Tändifche theilen.
A. Cinheimilche.
1. Gemeines Shilfrohr oder Sumpffchilf (Arundo Epigejos und
Phragmites L., ital. Canna da palude, Canna paludina oder palustre,
ung. Näd, Borda Näd), welche8 in Dentfchland, in der ganzen Sfterreichifchen
Monarchie, in Italien und fajt allen europäifchen Ländern an Seen, Teichen und
Ufern Tangfam fließender Gewäffer, in Sümpfen und Moräften in großer Menge
mild angetroffen wird, und im Frühjahre aus der dauernden , auglaufenden ,
fnotigen Wurzel 6 bis 8 Fuß Hohe, einfache, glatte oder {Omwahgeftreifte Stänz
gel treibt, die durch Knoten in Hohle Glieder abgetheilt find. Alle fumpfigen Ges
genden, befonders Ungarns, bhefigen diefes Schilfrohr im größten Neberfluffe, fo
mie die Gegenden am Po und an den Seen Oberitaliens, in den Sümpfen um
Venedig, Aquileja 20. In Iftrien wächft e8 in größter Menge auf allen feuchten
Wiefen und in der Nähe der Meerfalinen. Die Rohrhalme geben vortreffliche De-
fen auf Miftbeeten, für Treibhäufer und zu anderm VBehufe, und die Gärtner
(hüßen damit die Pfirfhen= und Aprikofenbäume am Spalier, und die Wein-
töcfe gegen die Kälte. Die fchönften und fefteften Halme werden von den Leinwes
bern zu Weberfämmen verwendet. Außerdem gefchieht der Hauptverbrauch des
Schilfrohres zur Bedachung vieler Gebäude, befonder8 der Stallungen und
Wirthfchaftsgebäude, wozu e8 fich weit beffer als Stroh fchidt, indem ein folches
Rohrdach 30 bis 40 Jahre gut aushält, ohne Schnee oder Regen einzulajjen;
Sn Slavonien wird dasfelbe mit Seilem au8 gleichem Material an die Latten
befeftigt und die ganze Eindefung mit einem feharfen Eifen glatt befchnitten ,
wornach fie fich auf augnimmt; man hält fie für weniger feuergefährlich als Die