Full text: Handbuch der technischen Materialwaarenkunde, oder Anleitung zur Kenntniß der Rohstoffe, welche in den Gewerben, Manufakturen und Fabriken verarbeitet und verwendet werden

Begetabilifhe RNohftoffe. VI. Cap, 
Feiten durch einen groben eifernen Kamm, der Niffel= oder Neffkfamm ge 
nannt wird, gezogen. Er wird fodann wieder in Bündel gebunden und einer wich» 
tigen Behandlung unterworfen, durch welche der innige Zufammenhang zwi{chen 
den Fafern des Baftes unter fich, fo wie zwifchen der Baftröhre und dem von 
diefer eingeHüllten Holzigen Kerne, größtentheil8 aufgehoben wird, {0 daß durch 
yie nachfolgende mechanifche Behandlung die fpinnbaren Fafern rein dargeftellt 
werden Fönnen, ohne einer großen Befchädigung zu unterliegen, Diefe Behand- 
[ung nennt man die N5fte (in Norddeutfehland Rotten, Rötten oder RN5- 
then, in Tirol Räußern), Alle Berfuche, die Röfte zu erfparen und die Bear- 
eitung der Leinftängel fogleich mit mechanifhen Mitteln anzufangen, find in fo 
fern miflungen, al8 man auf diefem Wege die fpinnbare Fafer nur mit großem 
Berlufte und in einer für gute Gefpinnfte nicht geeigneten VBefchaffenheit (nament- 
lich rauh, Hart und fpröde) erhält, Solcher Bein, deffen Same vollreif wurde 
und der fomit bei feinem Abtrocnen fhon eine Art von Röfte auf dem Felde er= 
dielt, Fann allenfalls ohne eigentliche RNöfte hearbeitet merden, aber das davon 
zefponnene Garn bleibt ftet8 {pröde und gibt Feine Haltbare Leinwand; Die Fafern 
Friechen nach wiederholtem Wafchen zufammen, und wenn auch das Kochen vor 
dem Spinnen einen folchen Flachs8 etwas gefhmeidiger macht, fo ift Diefes Doch 
mühfamn und wohl noch Foftfpieliger als Das Röften, und war folcher FlahsS vor 
dem Raufen nicht vollreif, fo Kann er auch, felbft bei vielem VBerkufte, nie ganz 
rein werden, verlebt die Finger der Spinnerinnen und verurfacht wegen Zerreißen 
deg Garne8 dem Leinweber ein immermährendes Knotenmachen. Andere Verfuche 
zur Erfparung ber RNöfte gefchahen mit fhmarzer Seife, Kalilauge 26. , wodurch 
dasfelbe in. wenigen Stunden erreicht werden foll, al8 durch die Röfte in Wochen; 
Andere wollten den Flachs ohne alle Vorbereitung trocken brechen, fHwingen, 
hecheln, und dann durch eine Seifenauflöfung verfeinern. Hierzu Haben Lee, 
Bundy, Hill, Chriftian, Bellafinet, Catlinetti, Qaforef, 
Sabaffa, Corty, Ternaur und Andere Mafhinen angegeben, bie aber 
Tämmtlich nicht geeignet find, die Röfte entbehrlich zu machen. Man gewinnt aus 
angeröftetem Flachs nicht mehr gebleichte Fafer, als aus geröftetent ; bie Feftig- 
Feit des Garnes aus ungeröftetem Flachs ift weder vor noch nach der Bleiche grös 
Ber, als die Des @arnes aus geröftetem Flach8; endlich erfordert die Bearbeitung 
de8 geröfteten Flachfes bedeutend weniger Zeit und Koften, als die des unge» 
‚öfteten. ' 
Beim Röften befteht das Wefentliche in der Einleitung einer Güährung, die 
bi8 zum erften Anfange der Fäulnif fortgeführt wird und durch welche die den 
atlırlichen feften Zufammenhang zwifchen den Fafern unter fich und mit dem 
Bolze bewirkende Keberartige Subfianz der Stängel zum größten Theile zerfißrt 
mird. Man erreicht diefen Zweck bald durch Auslegen des Leing8 auf freiem Felde, 
in Luft, NMegen und hau; bald durch Behandlung in MWaffer; bald durch eine 
Verbindung beider Verfahrungsarten, wodurch die drei Arten des Nöftens ent» 
itehen, nämlich die X hau= oder Quftröfte, die Wafferröfte und die ge 
mifdhte Röfte. Neberdie8 gibt e8 noch eine Schneeröfte. 
Bei der haus oder Luftröfte, die man in die Herbft- und Frühe 
fing8röfte unterfcheidet, je nachdem fie in der einen oder andern Jahrözeit vor- 
genommen wird, wirken bloß die in der atmofphärifchen Luft vorhandenen Wafs 
jerbämpfe, die fich als Than oder Regen niederfhlagen. Man breitet die Stängel 
in parallelen Neihen und fehr dünn auf Wiefen oder auf den Stoppeln der Ge: 
treidefelder aus, Täßt zwifhen ihnen einen Weg, und erwartet die NRoftreife Der 
obern Lage; dann wendet man alle Reihen um und Iäßt auch die untere Schicht 
zur Meife gelangen. Bei günftiger Witterung, bei gutem Wechfel von Regen, 
Sonnenfchein und des Nachts von hau, ift der Prozeß in 3 bis 4, mwidrigens 
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