Full text: Bis zur französischen Revolution (1. Abteilung, 3. Band, 1. Teil)

LE Erster Teil. Fünftes Buch. 
Den Bedürfnissen des grofsen Marktes, wie sie sich seit Ende des 
15. Jahrhunderts bemerklich gemacht hatten, suchte neben der Haus- 
industrie noch eine andere Betriebsform Genüge zu leisten: die Manu- 
faktur, die sich freilich langsamer entwickelte. Sie ist die von einem 
Unternehmer veranlafste Beschäftigung einer gröfseren Anzahl Arbeiter 
zu Produktionszwecken in einem Raume. Demnach beruht sie nicht 
blofs — wie die Hausindustrie — auf dem Absatz im grofsen, sondern 
auch auf der Produktion im grofsen. Und das hat weittragende 
Konsequenzen: sie sind von MArx mit genialem Scharfblick erkannt und 
in einem der besten Kapitel seines „Kapitals“ (Kooperation und Manu- 
faktur betitelt) vorgetragen worden; daraus sei das Wichtigste hier gegeben. 
Wenn Viele planmäfsig an einem Werke arbeiten, so wird durch 
diese Kooperation eine neue Produktivkraft geschaffen: wie die An- 
griffskraft einer Kavallerieschwadron oder die Widerstandskraft eines 
Infanterieregiments wesentlich verschieden ist von der Summe der von 
jedem Kavalleristen und Infanteristen vereinzelt entwickelten Angriffs- und 
Widerstandskräfte, — so die mechanische Kraftsumme vereinzelter 
Arbeiter von der gesellschaftlichen Kraftpotenz, die sich entwickelt, 
wenn viele Hände gleichzeitig in derselben ungeteilten Operation zu- 
sammen wirken, z. B. wenn es gilt, eine Last zu heben, eine Kurbel zu 
drehen oder einen Widerstand aus dem Wege zu räumen. Das ist also 
die Massenkraft als solche, die von FROUuDHON sog. force colleetive. 
Weiter aber kann da, wo viele Arbeiter an der Herstellung eines 
Produkts thätig sind, meistens ein weitgehendes System der Teilung der 
Arbeit innerhalb der Werkstätte selbst zur Durchführung gebracht 
werden. Das Produkt verwandelt sich aus dem Erzeugnis eines selb- 
ständigen Handwerkers, der vielerlei thut, in das Erzeugnis einer Anzahl 
vereint schaftender Handwerker, von denen jeder fortwährend nur eine 
und dieselbe Teiloperation verrichtet. Man vergleiche z. B. die Herstellung 
der Uhr in der Epoche der Manufaktur mit der früheren Art der Pro- 
duktion: unter dem Zunftsystem das individuelle Werk eines Nürnberger 
Handwerkers, wird die Uhr jetzt zum Produkt einer Anzahl von Teil- 
arbeitern, wie dem Rohwerk-, Uhrfeder-, Zifferblatt-, Spiralfeder-, Rubin- 
hebel-, Zeiger-, Gehäuse-, Schrauben- u. s. w. Macher, dem Vergolder 
und dem Repasseur, der die ganze Uhr zusammensetzt und sie gehend 
abliefert. Noch bleibt die Verrichtung handwerksmäfsig und daher ab- 
hängig von der Kraft, Geschicklichkeit, Regsamkeit und Sicherheit des 
einzelnen Arbeiters in der Handhabung seines Instruments, -— indem aber 
immer derselbe Arbeiter an dasselbe Detail festgeschmiedet wird, produ- 
ziert die Manufaktur die Virtuosität des Detailarbeiters, dessen verein- 
seitigtes Thun überdies die zweckmäfsigste Form für die verengte Wir- 
kungssphäre erhält. Im Vergleiche zum selbständigen Handwerk wird 
daher mehr Ware in weniger Zeit hergestellt. 
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