Full text: Bis zur französischen Revolution (1. Abteilung, 3. Band, 1. Teil)

34 Erster Teil. Erstes Buch. 
privaten Besitz- und Familieninteressen-möglich.sei. Das mufs aber natür- 
lich um jeden Preis verhütet werden, denn „das Ärgste und Schmählichste 
ist es wohl. für Hirten, solche Hunde bei der Herde aufzuziehen, dafs aus 
Unbändigkeit, Hunger oder sonst schlechter Gewöhnung die Hunde selbst 
sich unterfangen, den Schafen Übles zuzufügen und statt Hunden Wölfen 
ähnlich zu werden“. Und darum schreckt Plato nicht vor den ärgsten Kon- 
sequenzen zurück: er beseitigt mit kühnem Striche allen privaten Besitz 
und alle privaten Familienbeziehungen der Kriegerklasse (und selbstver- 
ständlich auch der aus ihr hervorgehenden Regentenklasse). Es wird also 
angeordnet, „dafs Keiner irgendwelches eigenes Vermögen besitze, soweit 
es überhaupt zu vermeiden sei; ferner dafs Keiner irgendsolche Wohnung 
oder Vorratskammer habe, in die nıcht Jeder gehen könne, der nur Lust 
dazu hat; dafs sie aber das Notwendige, dessen bescheidene und tapfere 
Männer, die im Kriege kämpfen sollen, bedürfen, in bestimmter Ordnung 
von den anderen Bürgern empfangen, sodals ihnen weder etwas fürs 
nächste Jahr übrig bleibt; noch dafs sie Mangel leiden“; dabei halten sie 
gemeinsame Mahlzeiten und leben überhaupt so zusammen, wie das auf 
Feldzügen geschieht. Ihnen allein yon allen Bewohnern des Staates soll 
es auch verboten sein, mit Gold und Silber irgendetwas zu schaffen zu 
haben oder sich damit zu schmücken oder daraus zu trinken. Und ebenso 
sollen auch „alle diese Frauen allen diesen Männern gemein sein und 
die Kinder gleichfalls, sodafs weder ein Vater sein Kind kenne, noch auch 
ein Kind seinen Vater“. 
Nun wäre dann freilich zu befürchten, dafs sich diese Männer und 
Frauen, da sie gemeinsam wohnen, speisen und sich überall treffen, ihrem 
Geschlechtstriebe folgen und sich zuchtlos vermischen werden. Um dem 
vorzubeugen, reglementiert Plato das Geschlechtsleben seiner Elitemänner 
und -Frauen aufs sorgfältigste. Das giebt ihm zugleich Gelegenheit, Vor- 
sorge zu treffen, dafs ihre Nachkommen noch besser geraten als die Eltern. 
Er beruft sich auf das Beispiel guter Haus- und Landwirte, die in ihrem 
Geflügelhofe und ihren Ställen die Kreuzungen der "Tiere überwachen 
und regulieren, damit die Spröfslinge einen möglichst guten Schlag dar- 
stellen. Darum „sollte jeder trefflichste Mann dem trefflichsten Weibe 
am meisten beiwohnen, die Schlechtesten aber eben solchen umgekehrt; 
und die Spröfslinge jener sollten aufgezogen werden, die "von diesen 
aber nicht (wie überhaupt nur gesunde Kinder erhalten werden); und 
dies alles mufs völlig unbekannt bleiben, aufser den Oberen selbst, da 
doch die Gesamtheit möglichst durch keinerlei Zwietracht gestört werden 
soll“. Und nun schildert Plato das hier beliebte Verfahren: „Man wird 
bestimmte Feste gesetzlich einführen, an denen wir die neuen Ehegenossen 
beiderlei Geschlechts zusammenführen werden, und Opfer und Gesänge 
sollen unsere Poeten dichten, wie sie sich für die Hochzeitsfeiern schicken. 
Die Menge der Hochzeiten aber wollen wir den Oberen freistellen, damit
	        
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