Full text: Anpassung der industriellen Arbeit an die psychophysische Beschaffenheit des Menschen

pflegen gerade diejenigen Kategorien die intelligentesten zu sein, 
die nicht dauernd mit ihren Gedanken und ihrer körperlichen Be- 
tätigung an das Werkstück gefesselt sind, die ein Teil des maschi- 
nellen Betriebes und zum Teil nur „Fütterer‘‘ der Maschinen sind. 
„Das Verlangen nach ständig Neuem entspringt bei einem gewissen 
ruhelosen, sensationsbegehrlichen, oberflächlichen Typ gerade aus 
einer inneren Dürftigkeit, die es nicht zu einer lebendigen Ver- 
arbeitung der aufgenommenen Eindrücke kommen läßt!.‘“ Jeden- 
falls ist die landläufige Annahme, daß sich nur intellektuell un- 
entwickelte, auf niedriger geistiger Stufe stehende Menschen bei 
repetitiver Arbeit wohl fühlen könnten, während das Verlangen 
nach viel Abwechslung ein Beweis reicherer Veranlagung sei, 
allzu grob. 
Die Frage nun, warum einzelne Arbeiter die Monotonie der 
Fabrikarbeit stärker empfinden als andere, ist von Hugo Münster- 
berg? zu lösen versucht worden. Er fand nämlich auf Grund seiner 
eingehenden experimentellen Untersuchungen, daß es Personen 
gäbe, die, sobald sie einen Eindruck aufgenommen haben, zunächst 
außerstande sind, den gleichen Eindruck sofort noch einmal zu 
verarbeiten. Daher werden sie den Zwang, sich einer gleichförmigen 
Reihe Glied für Glied zuwenden zu müssen, als eine peinvolle An- 
strengung empfinden, und diese innere‘ Qual ist offenbar die Un- 
freude an dem, was solche Individuen die Monotonie bei ihrer 
Arbeit nennen. Der andere Menschentyp dagegen verhalte sich 
gleichbleibenden Eindrücken gegenüber völlig anders. Man kann 
bei ihm nicht von einem Gesetz des abnehmenden Reizes sprechen 
wie bei dem ersten Typ, sondern der erste Eindruck schafft die- 
jenige psychische Disposition, die die Aufnahme kommender gleicher 
Eindrücke vorbereitet, die sie deshalb mit innerer Freude an der 
Wiederholung erleben werden. 
Aus diesen Ergebnissen erwächst für den Betriebsleiter die 
Aufgabe, Arbeiter, die mit einförmig zwangsläufiger Tätigkeit 
beschäftigt werden sollen, auf ihr psychisches Verhalten bei 
1 Praktische Psychologie, Jahrg. 1920, S. 75. 
? H. Münsterberg, Psychologie und Wirtschaftsleben, 2. Aufl., S. 121. 
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