Full text: Anpassung der industriellen Arbeit an die psychophysische Beschaffenheit des Menschen

möglichsten äußeren Erfolg zu erreichen. Dazu ist notwendig!, daß 
der Betriebsleiter über Anlagen in der Kunst der Menschenbehand- 
lung verfügt. Er muß auch strenge, unbequeme Befehle so in Worte 
kleiden können, daß sie in dem Arbeiter möglichst wenig innere 
Hemmungen entstehen lassen. Eine Quelle solcher Hemmungen 
ist das Gefühl des Untergebenen, daß der Vorgesetzte seine Selb- 
ständigkeit bedroht; es ist deshalb ganz natürlich, und darf nicht 
als Feindschaft aufgefaßt werden, daß der Arbeiter dem Betriebs- 
leiter oft mıt Mißtrauen, offenem oder geheimen Widerstand be- 
gegnet. Diesen an sich natürlichen Widerstand gilt es durch ge- 
schickte Behandlung zu überbrücken, nicht durch Gewalt, weil 
diese die unsympathischen Gefühle nur vermehrt. Ziel der guten 
Leitung muß es sein, sympathische Gefühle. beim..Untergebenen. 
bewußt zu erziehen. 
Der Unternehmer, der die Lehren der Menschenbehandlung für 
seinen Betrieb auswerten will, wird gut tun, seine Meister und Vor- 
gesetzten an Hand eines Vortrages aufzuklären und ihnen anschlie- 
Bßend gedruckte Behandlungsrichtlinien auszuhändigen. Hier sei 
besonders auf die ausgezeichneten Führerrichtlinien von Professor 
Dr. Ing. Adolf Friedrich hingewiesen, die jeder Vorgesetzte einmal 
gelesen haben sollte. Nach dem Verarbeiten dieser Richtlinien 
wird es möglich sein, durch Befragen anerkannt guter Menschen- 
behandler über ihre Erfahrungen die als geeignet erkannten Be- 
handlungsmethoden zu sammeln und allmählich zu einer Lehre 
von der Menschenbehandlung auszubauen. Die Erfahrung lehrt, 
daß Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit des Arbeiters in weıtem 
Maße von der Art seiner Behandlung abhängig ist. Viel Ärger und 
Unlust kann vermieden werden, wenn wir die Behandlungsmethoden 
berücksichtigen. Außerdem werden Betriebe, in denen Arbeiter 
einer verständigen psychologischen Behandlung unterzogen werden, 
einen Rückgang der kostenverursachenden Arbeitsversäumnisse 
und des Belegschaftswechsels aufweisen. Die Kunst der Menschen- 
behandlung sollte mit ein Maßstab für die Tüchtigkeit eines Veor-- 
gesetzten sein ®. 
1 Praktische Psychologie, Jahrg. 1922/23, S. 45/46. 
? Praktische Psychologie, Jahrg. 1922/23, S. 56. 
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