Unfällen in Industriebetrieben dienen. Im Rahmen der betriebs-
wirtschaftlichen Rationalisierung kann die Unfallverhütung nicht
gut die passive Rolle spielen, die ihr von den beteiligten Kreisen
gewöhnlich zugewiesen wird. Die Tatsache, daß alle 2% Minuten
ein Arbeiter ganz oder teilweise erwerbsunfähig wird und alle 27
Minuten einer tödlich verunglückt — das Jahr zu 2400 Arbeits-
stunden gerechnet — zwingt zum Nachdenken. Im Jahre 19251
erstatteten die gewerblichen Betriebe des Deutschen Reiches
652897 Unfallmeldungen. Im gleichen Jahre wurden erstmalig
Entschädigungen bezahlt an 56054 unfallverletzte Personen.
5285 Personen fanden den Tod. Es ereignen sich in Deutschland
etwa jährlich so viele Unfälle in den Betrieben, daß Städte in der
Größe Leipzigs oder Münchens nur von den Verletzten gefüllt
werden könnten. Diese Zahlen geben ein erschreckendes Bild von
den Gefahren, die dem Arbeiter im Betrieb drohen und das Problem
der Unfallverhütung, das hieraus erwächst, verlangt ernsteste
Beachtung und gründlichste Bearbeitung?
Die in gewerblichen Kreisen oft vertretene Meinung, daß die
Unfallverhütung eine rein menschliche Angelegenheit sei und
mit der Wirtschaftlichkeit des Betriebes wenig zu tun habe, trifft
nicht zu. Nach einer Berechnung von Free ist der deutschen
Volkswirtschaft durch die Unfälle des Jahres 1919 ein Kapital-
verlust von 2,8 Milliarden entstanden, wobei die Betriebsausgaben
für die Krankenkassenbeiträge, die Verluste durch Betriebs-
störungen, Maschinen- und Materialfehler, sowie die Verwaltungs-
und Versicherungskosten noch unberücksichtigt sind®. Die Zahl der
Arbeitsstunden, die jährlich in Deutschland dadurch verloren
gehen, daß Arbeiter durch Unfälle zeitweilig arbeitsunfähig werden,
oder daß ihre Arbeitskraft dauernd vermindert wird, ist auf viele
Millionen zu veranschlagen. Trotz zahlenmäßiger Überlegenheit der
leichten Unfälle resultiert dieser Verlust hauptsächlich aus schweren
Unfällen. Nach einer von Chaney Hanna veröffentlichten Statistik“
! Unfallverhütungskalender 1928, S. 20.
? E. Lysinski, Psychologie des Betriebes, S. 149.
3 Industrielle Psychotechnik, Jahrg. 1924, S. 148.
4 O0. Lipmann, Unfallursachen und Unfallbekämpfung, S. 118.
|
69