Full text: Anpassung der industriellen Arbeit an die psychophysische Beschaffenheit des Menschen

1. Wesen und Wirkung des Rhythmus. 
Der Ausdruck Rhythmus ist zunächst in der Musik heimisch 
und bedeutet dort Taktbetonung in ganz regelmäßiger Zeitfolge. 
Auch in der Architektur und der Malerei gibt es einen Begriff des 
Rhythmus. Man versteht darunter eine in regelmäßigen Abständen 
wiederkehrende optische Betonung‘. In den engeren Rahmen eines 
wissenschaftlichen Begriffs eingeengt ist unter Rhythmus die 
gesetzmäßige Bewegung der Materie oder Energie in gleich großen 
Intervallen zwischen den einzelnen Bewegungsarten zu verstehen? 
Die Wirkung des Rhythmus ist, ohne auf gar zu tiefe KErörte- 
rungen über dieses schwierige Grenzgebiet der Physiologie, der 
Psychologie und der Ästhetik einzugehen, im wesentlichen eine 
dreifache: eine physiologische, eine hypnotische und eine ästhetische. 
Die durch die physiologische Wirkung des Rhythmus erzielte 
Energieersparnis bewirkt eine optimale Ausnutzung der vom 
arbeitenden Menschen verausgabten physischen Energie, bedeutet 
also Erhöhung des Arbeitsresultates bei demselben oder sogar 
kleineren Energieaufwand des Arbeiters. Diese Energieersparnis 
beruht auf einer Eigenart des psycho-physischen Apparates des 
Menschen, die kurz geschildert werden soll. Der psycho-physische 
Organismus setzt sich im wesentlichen aus zwei Systemen, einem 
Muskel- und Nervensystem zusammen, die, ebenso wie die Elemente 
jedes dieser Systeme, in einem engen funktionellen Zusammenhang 
stehen. Die Betätigung eines Teiles der Elemente zieht andere be- 
nachbarte Elemente leicht in den Bereich der Wirkung hinein, 
ähnlich der induzierenden Wirkung des elektrischen Stromes. 
Gleiches gilt von den Elementen des Nervensystems, welche dem 
Gesetz der Irradiation unterliegen, das besagt, daß durch In- 
nervation einer bestimmten Nervengruppe deren Aktivıtät auch auf 
andere Gruppen übertragen wird. Durch diese Art der Betätigung 
einzelner Muskel- und Nervengruppen wird eine beträchtliche 
Menge menschlicher Energie nutzlos verschwendet. Eıne Be- 
seitigung dieser Verschwendung kann dadurch erreicht werden, daß 
1 Industrielle Psychotechnik, Jahrg, 1926, S. 225. 
2 Praktische Psychologie, Jahrg. 1922/23, S. 166. 
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