Ton-, Stein-und Bronzeplastık
DD: die gotische Holzbildhauerei sich unmittelbar aus der roman!-
schen Plastik herausgebildet hat, ist es um das Wesen der gotischen
Bildwerke klar abgrenzen zu können nötig, sich die Formensprache der
romanischen Periode vor Augen zu halten. In stilistischer wie auch ın
technischer Hinsicht ergeben sich bei diesem Vergleich wertvolle Auf-
schlüsse. Für die gotische Holzplastik war eine technische und formale
Grundlage in dem Vorhandensein der romanischen Holzskulpturen ge-
geben; sie waren Basis, Anregung und Vorbild für eine neue plastische
Kunst zugleich.
Vergegenwärtigt man sich die frühesten Anfänge der romanischen
Bildnerkunst, deren Formensprache sich aus der Kleinkunst, dem Gold-
schmiedehandwerk, entwickelt hat und deshalb geraume Zeit rein orna-
mentale Reliefkunst bleibt, so wird auch technisch die Linie, die von
der romanischen Periode zur Frühgotik und von da zur Spätgotik läuft,
deutlich. In der romanischen Zeit streng abstrakte, zeitweise rein orna-
mentale Reliefkunst, in der Frühgotik das Erwachen des dreidimen-
sionalen, plastischen Raumgefühles, in der Hochgotik die berauschende
Freude an allen raumgebenden, körperhaften Formen und Mitteln, in
der Spätgotik zuerst eine gebundene, dann eine wildentfesselte, fast
barocke Sinnlichkeit aller Ausdrucksmittel. Geistiger Inhalt, formale
Bewältigung und Technik der Kunstwerke halten in allen Stilperioden
in wunderbarem Ebenmaß miteinander gleichen Schritt.
Das Ideal der frühromanischen Bildnerkunst ist, materiell in der
Fläche zu stehen und ideell plastisch zu wirken, dabei geht die Ge-
bundenheit der Form dem Bildhauer über alles. Selbst bei freiplastischen
Werken werden einwandfreie Ansichten von allen Seiten nicht bewältigt,
wohl auch nicht gesucht, nur die Frontal- und die reinen Profilansichten
der Skulpturen geben harmonische Bilder.
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