Full text: Die Technik des Bankbetriebes

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Der Börsenterminhandel in der. Rechtsprech ung. 411 
England einen Kredit von einer. Million Pfund. Sterling auf drei Monate auf- 
nimmt, wird vielleicht, um nicht das Risiko einer Steigerung des englischen 
Pfundes bis zum Rückzahlungstermin übernehmen zu müssen, die ihm ge- 
lieferten Devisen zwar zur Beschaffung deutschen. Geldes per Kasse verkaufen, 
gleichzeitig aber eine Million Pfund Sterling auf Termin (per drei Monate) 
kaufen. Er zahlt dann nur die An- und Verkaufsspesen sowie die meist ge- 
ringe Spanne zwischen den Devisensätzen auf Kasse und Termin, schließt 
aber jedes Kursrisiko aus. Natürlich muß er in der Regel für das Termin- 
geschäft einen Einschuß geben‘). 
Insbesondere ist der. Abschluß von Warentermingeschäften zum 
Zwecke der Sicherung häufig nicht nur volkswirtschaftlich berechtigt, sondern 
geradezu notwendig. So hat sich im Getreidehandel in vielen Fällen das Be- 
dürfnis späterer Lieferung erwiesen. Kann der Verkauf des Getreides erst 
nach der Ernte erfolgen, so entsteht zu dieser Zeit ein Preisdruck, weil gleich- 
zeitig große. Mengen im Markte angeboten werden. Vermag der Landwirt 
dagegen auf Grund des voraussichtlichen Ernteergebnisses schon vorher zu 
beliebiger Zeit Verkäufe in Getreide mit dem Recht der späteren Lieferung 
vorzunehmen, so werden starke Preisrückgänge nach. der Ernte vermieden. 
Auch die Rohzuckerfabriken pflegen sich durch Termingeschäfte zu sichern. 
Sie kaufen die Zuckerrüben von den Landwirten auf Lieferung und verkaufen 
zu gleicher Zeit den Rohzucker auf Termin. Würden sie ein solches Termin- 
geschäft nicht abschließen, so könnten sie einen erheblichen Verlust erleiden, 
wenn der Preis des Rohzuckers während der Zeit der Rübenverarbeitung sinkt. 
Auch Baumwollspinnereien decken sich durch Ankauf von Rohbaumwolle 
im Terminhandel gegen das Risiko, das sie durch den Abschluß langfristiger 
Garnverkäufe. eingehen. 
Die Rechtsprechung hat von jeher das Bestreben erkennen lassen, Börsen- 
geschäfte, die den Charakter des Spiels tragen, für rechtsunwirksam zu er- 
klären und sie dadurch einzuschränken. So war schon vor dem Inkrafttreten 
des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Deutschland allgemein geltendes Recht, 
daß durch ein Spiel eine Verbindlichkeit nicht begründet wird. Als Spiel 
betrachtet die Rechtsprechung die. sogenannten reinen Differenzgeschäfte. 
Darunter versteht sie Verträge, bei deren Abschluß die Absicht bestand, 
die Waren oder Wertpapiere nicht zu liefern, sondern nur die Differenz zwi- 
schen dem Kurse des Abschlußtages und dem des Lieferungstages zu zahlen. 
Während aber ursprünglich eine übereinstimmende Willenserklärung beider 
Parteien verlangt wurde, daß Abmachungen dieser Art tatsächlich getroffen 
worden sind, vertrat das Reichsgericht zum ersten Male im Jahre 1892 die 
Auffassung, daß aus den Begleitumständen des Vertragsabschlusses die Ab- 
sicht der Nichtlieferung und Differenzzahlung geschlossen werden könne?). 
1) Weitere Ausführungen über‘ die volkswirtschaftliche Bedeutung des Börsen- 
;‚erminhandels siehe Abschnitt 10 dieses Kapitels.‘ .. 
2) Siehe Nußbaum, „Die Börsengeschäfte‘‘ in Ehrenberg, Handbuch des gesamten 
Handelsrechts, Band IV, Abteilung 2, Seite 628.
	        
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