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Sentimentalität gegen Verbrecher mit wahrer Humanität,
d. 5. Menjchenliebe, gemein Hat. Wie fieht aber wohl
Gott die Sache an? Er, für den jede einzelne Menfjcdhen-
ieele einen unendlichen Werth hat! Man denke nur an
einen guten men{chlidhen Vater: menn defjen vierzehnjähriger
Sohn den zweijährigen, al3 noch völlig zurüdgeblieben,
im Sampfe um3 Dafjein verleßen wollte; oder auch der
fräftige, talentvolle Sohn den fHwächlidhen, talentlojen
al8 entwicfelungsunfähig! Aber freilich alle echte Humas
nität it nur auf Örundlage wahrer Keligiofität möglich.
Die Echtheit des Yohannis- Evangeliums.
Yür die Authentie des Johannis = CEvange=
(ium8, wenigiten8 in feinen Haupttheilen, führte fon
der felige Chr. HS. Weiße*) gegen mich den Grund an,
daß diefes Werk in einer Zeit erfchienen i{jt, wo die Kirche
im Deftigften Rampfe mit den ÖOnoftifern lag. Nun {jt
das Johannis-Cvangelium fhHeinbar den Onoftifern fehr
zünftig. €3 mußte alfo gerade zu jener Zeit der Kirche
im gewijfer Hinficht Höchft unbequem fein und wurde
rolglich wohl nur deßhalb als Kanonijdh anerkannt, weil
e38, wie man wußte, bon einer Autorität Herkam, Die jeden
Rweifel verftummen ließ. — Ih füge nur noch Hinzu,
*) Entel des DiGter3 Chr. Felix Weiße, geb. 1801 in Leipzig, geft. 1866 in
Stötteriß, 1828—37 und 1845—66 Profejffor der PhHilofophie in Leipzig, Vers
jafier äjthetijher, religtonaphilofophiidher Werke und Kritifcher Arbeiten zu den
Svangelien.