Annaberg — 122 —
Äußere von fast ärmlicher Schlichtheit; Strebepfll. nur am Chor;
ihre Abdeckung geschweift, Die künstlerische Absicht des stil-
geschichtlich wichtigen Gebäudes ist nur im Innern zu erkennen;
sie geht auf Schaffung eines weiten, übersichtlichen, rhythmisch
wenig bewegten Raumbildes bei Unterdrückung der „organischen“
Strukturformen.
Reich und wertvoll der mit der Architektur zugleich entstandene
plastische Schmuck, jedoch in freierem Verhältnis zu den Struk-
iurformen, als in der echten Gotik. — Die „schöne Tür“ am
nördl, Ssch.. (bez. 1512 H W; 1597 vom Franziskaner-Klst. hierher
versetzt); die Archit, auf wenige Glieder beschränkt; den unteren
Teil flankieren, auf überaus künstlich zusammengesetzte Posta-
mente gestellt, die aus freien Ranken sich entwickelnden Relief-
bilder des h. Joachim und der h. Anna, darüber zwei Engelsfigg.
mit dem Wappen Herzog Georgs und seiner Gemahlin; im Haupt-
feld über dem Türsturz die Dreieinigkeit, der Gekreuzigte vor
dem Schoße des Vaters, umgeben von 9 Engeln (Anspielung auf
die 9 Chöre), tiefer der h. Franz und die h. Klara; in der Krönung
Moses, Johannes, Adam und Eva, über der Giebelblume der Pe-
likan. Die ebenso klare als freie Kompösition, die Energie der
sehr persönlichen Stilisierung, der poetische Schwung der gegen-
ständlichen Auffassung bringen dies Werk dem Besten der zeit-
genössischen deutschen Kunst nahe. Stil und Signatur erweisen
die Identität mit dem Meister des Hochaltars in Borna und der
Ebersdorfer Pulthalter im Dresdener Museum. — Tür der
„alten“ Sakristei; vollendet 1518 in der Zeit der Bau-
leitung durch Jakob v. Schweinfurt, Erstes größeres Werk der
Renss. in Obersachsen; Formcharakter venezianisch, got, Er-
innerungen fast ganz unterdrückt, wenn auch der neue Stil noch
nicht ganz verstanden; der plastische Schmuck steht dem der
„Schönen Tür“ nahe, besonders frei und glücklich die Familien-
szene zwischen Anna und Maria. — Von derselben Hand oder
mindestens aus derselben Werkstatt der Taufstein (ehemals
im Zisterz.-Klst. Grünhayn); Sandstein, jedoch in genauer Nach-
ahmung eines Buckelkelchs; am Nodus schwebende nackte Engel,
am Fuß Taufkinder. — Die 100 Felder der Emporenbrü-
stung (1514—1517) mit Reliefs von Franz von Magdeburg; die
ausführlichste Illustration des Neuen Testaments, die je in monu-
mentaler Form versucht worden; ferner die Lebensalter. —
Stuhlwerk von 1526, nicht mehr vollständig.—Singechor
1688 von J, H. Böhme. — Kanzel 1516, noch rein got.
Altäre. a) Hauptaltar. 1522 von Adolf Dowher (Daucher) in
Augsburg; einer der frühesten der Renss, Bezeichnend die Über-
eckstellung der Sl.Kaptt.; Archt. aus mehrfarbigem Marmor, Figg.
aus Solenhofer Kalkstein; Hauptgegenstand Wurzel Jesse. —
b) Bergaltar (im nördl. Nebenchor) 1521, geschnitzt, das Tek-
tonische im Sinne lombardischer Fr.Renss. Das zweite nördl.
Flügelpaar hat Gemälde mit Motiven aus Dürers Marienleben. —
e) Münzeraltar (im züdl. Nebenchor) 1522. dem vorigen ähnlich. —