Lübeck
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Marien-K.
OFlügels Gewölbmalereien 1. H. 16. Jh., Engel, Propheten, Ran-
kenwerk; dazu Schnitzwerk mit Wappenfries 1617.
S. Marien-K. Hauptpfarr-K. Gegründet bei der Anlage der
Stadt durch Heinrich den Löwen 1159. Das gegenwärtige Bau-
werk ist ein in der 2. H. 13. Jh. entstandener Neubau. Das erste
Beispiel des ins Große gehenden städtischen Bauehrgeizes, der
der deutschen Baukunst des späteren Ma. das Gepräge gibt. In
der rom. und frgot. Epoche hatten im Bauwesen der Kolonial-
länder die Domkirchen und noch mehr die Klöster den Ton an-
gegeben. Für die gereifte Gotik, die im Ostseegebiet eine
Epoche ausgedehnter monumentaler Bautätigkeit war, ist die
Hauptpfarrkirche des Vororts der Hanse der mit geringen Ver-
änderungen immer wiederholte Urtypus. In ihm ist sowohl der
allgemeine Charakter dieser Schule festgestellt, Nüchternheit im
Verein mit Großheit, als ein fester Formenkanon gegeben. Zwei
Hauptmomente kommen dabei in Betracht: die Verdrängung
des von den westfälischen Kolonisten herbeigebrachten Hallen-
systems durch das basilikale und die Einführung des Chor-
umganges mit Kapellenkranz. Diese reichste Chorgestaltung ist
in der deutschen Gotik des 13.Jh. eine seltene Erscheinung,
aber, wo sie vorkommt, immer in der normalen französischen
Fassung (Dome zu Magdeburg und Köln, Klosterkirchen zu
Marienstatt und Altenberg). Die von Lübeck ausgehende bal-
tische Grundrißbildung läßt die Gewölberippen der Kapellen
mit denen des Umganges in gemeinschaftlichem Schlußstein zu-
sammentreffen, und zwar mit der Besonderheit, daß die 3 nach
außen vorspringenden Seiten der Kapellen zusammengenommen
mit den entsprechenden im Umgang liegenden ein Sechseck
bilden. Es umgeben somit 5 solcher Sechsecke den in 5/s ge-
schlossenen Binnenchor. Diese Vereinfachung ist im Gebiet der
klassischen französischen Gotik nur ein einziges Mal, in der
Kathedrale von Soissons (um 1212) versucht worden; dagegen
hat sie sich an der Seeküste bis nach Nordspanien einerseits, in
die Niederlande anderseits ausgebreitet, und sicher auch auf
dem Seewege ist sie nach Lübeck gekommen. (Die Ähnlichkeit
mit Brügge und Tournay ist größer als die mit Soissons.) Ohne
allgemeinere Bedeutung ist die Frage, ob von den Lübecker
Kirchen dem Dom oder der Marien-K. die Priorität zukomme.
An jenem ist der Chor 1266 begonnen worden, bei dieser das
Anfangsdatum ungewiß; sicher jedoch ist der Chor der Ma-
rien-K. früher als der in Stockung geratene Domchor fertig ge-
worden. Beide haben ja den befreundeten Städten Mecklen-
burgs und Pommerns, im Binnenland bis Lüneburg, anderseits
bis nach Schweden Schule gemacht,
Baugeschichte, Die Überlieferung ist mangelhaft. Nur
mit Wahrscheinlichkeit kan gesagt werden, daß den Anstoß
zum Neubau der Brand vor 1251 wab; 1261 muß der Chor-
umgang fertig gewesen sein, 18604 und 1310 (Inschr.) wurden die
Türme begonnen. Weitere Schlüsse estatiet die Bauanalyse.
Das 6. Pfeilernaar (von W merechne zeigt deutliche Überreste