Full text: Einleitung in das Studium der Chemie

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Die Gesetze der bestimmten‘ und multiplen Proportionen sind Ausdrücke für Tat- 
sachen, aber wenn wir von Atomen und. Molekeln reden, so gebrauchen wir Vor- 
stellungen, die, wie wahrscheinlich sie auch klingen mögen, doch niemals als wahr 
bewiesen werden können. Wir bedienen uns dieser Vorstellungen, weil sie die Be- 
trachtung der chemischen Tatsachen wesentlich vereinfachen und diese Tatsachen 
als notwendige Folge erscheinen lassen, Wir können nicht mit Sicherheit behaupten, 
daß Natriumchlorid aus je einem Atom Natrium und Chlor besteht, aber wenn es 
diese Atome von dem angegebenen relativen Gewichte 23.00 und 35.46 gäbe und 
je ein Atom Natrium mit einem Aiom Chlor sich zu einer Molekel Natriumchlorid 
verbände, so müßte letzteres die beiden Elemente im Verhältnis von 23.00 TlIn 
Natrium auf 35.46 Tle Chlor enthalten; wie dies der Versuch wirklich ergibt. 
Erklärung des Gesetzes von Gay-Lussae. Schon oben (S. 105—106) 
wurde an einigen wichtigeren Beispielen gezeigt, daß die Dichten ver- 
Schiedener Gase sich verhalten wic ihre Verbindungsgewichte (Atom-, bzw. 
Molekulargewichte), und daß wenn zwei Gase chemisch aufeinander einwir- 
ken, die Volume der in Verbindung tretenden Gase sowohl unter Sich, wie 
zu dem Volum des entstandenen Produktes eine sehr einfache rationale (durch 
ganze Zahlen ausdrückbare) Beziehung zeigen; diese ganz allgemein gül- 
‘tigen Tatsachen wurden 1808 von Gay-LZussac als Gesetz formuliert. 
Die Avogadro’sche Hypothese gibt uns nun eine sehr einfache Er- 
klärungsweise für die im Gay-Lussac’schen Gesetz enthaltenen Tatsachen 
an die Hand. 
Wenn z,. B. gleiche Volume Chlor und Wasserstoff eine gleiche Anzahl von 
Molekeln dieser Elemente enthalten, so müssen natürlich die Dichten dieser Gase, 
also die Gewichte gleicher Volume, sich wie die Molekulargewichte dieser Elemente 
verhalten, da sie die Gewichte einer gleichen Anzahl von Molekeln angeben. Ver- 
sinigen sich zwei Gase im Verhältnis von-je einer Molekel des einen auf eine Mole- 
xel des anderen, so müssen sich gleiche Volume beider verbinden, denn diese ent- 
nalten von dem einen Gase gerade so viele Molekeln, wie vom anderen. Das ge- 
bildete Produkt muß gasförmig einen Raum erfüllen, der zu dem Volum der Kom- 
ponenten in einfacher Beziehung steht. Entstehen aus ı Mol. « + 1 Mol. ö 2 Mol, 
26, so muß das Volum der Verbindung gleich der Summe der Volume der Bestand- 
:eile sein, da nun die doppelte Anzahl von Molekeln vorhanden ist; so beim Chlor- 
yasserstoff : 
Hy, + CL =2HCI 
ı Vol. ı Vol, 2 Vol. 
Verbindet sich dagegen Wasserstoff mit Sauerstoff und treten hierbei je 2 Mol. des 
ersteren mit ı Mol. Sauerstoff zu 2 Mol. Wasser zusammen, so haben wir 2 Mol. 
z-+ 1 Mol. 6 = 2 Mol. @6, also eine Verminderung von je 3 Mol. auf 2 Molekeln 
und demnach auch eine Verminderung von 3 Vol. des Knallgasgemisches auf 2 Vol. 
Wasserdampf, d, h. eine Kontraktion auf zwei Drittel‘ des ursprünglichen Volums, 
wie sie der Versuch in der Tat ergibt: 
2H, + OÖ, = 2 H,O 
2 Vol. ı Vol, 2 Vol. 
Vereinigen sich endlich Wasserstoff und Stickstoff zu Ammoniak im Verhältnis von 
; Atomen Wasserstoff auf ı Atom Stickstoff, wie‘ dies die Formel NH, ausdrückt,
	        
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