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Die Destillation geschieht aus Retorten, welche mit geräumigen ge-
mauerten‘ Kammern in Verbindung stehen. Strömt zu Anfang ‘der De-
stillationn der Schwefeldampf in die noch kalte Verdichtungskammer,
so erleidet er eine plötzliche Abkühlung sund fällt in F orm eines feinen
Pulvers, der »Schwefelblumen« (Flores sulfuris, Sulfur defuratum), nieder.
Später verdichtet sich der Dampf jedoch. an den, wärmer gewordenen.
Wänden der Kammer als Flüssigkeit . und sammelt sich am Boden an,
von“ wo er in feuchte hölzerne Formen abgelassen. wird und so den
‚Stangenschwefel« bildet.
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; Eigenschaften. Schwefel, ist ein gelber, spröder Körper vom Spez.
Gew. 2.04, der bei 114.5° schmilzt und dann eine dünnflüssige, stroh-
gelbe Flüssigkeit darstellt, die bei weiterem Erhitzen sich verdickt;
immer dunkler. wird und bei 200° so zähe ist, daß man das Gefäß, in
dem sie enthalten ist, umdrehen kann, . ohne daß sie ausläuft. Noch
höher erhitzt wird sie wieder dünnflüssig und siedet bei 444.5° unter
Bildung eines dunkel braunroten Dampfes.
Versuch 81. Man destilliert etwa 10 g Stangenschwefel aus einer kleinen
]asretorte und achtet auf die oben angeführten Erscheinungen. Die übergehende.
Flüssigkeit wird in einem unter das Ende des Retortenhalses gestellten Becherglase,
das etwas kaltes Wasser enthält, aufgefangen. Meist entzündet sich der austretende
Dampf und verbrennt mit bläulicher Flamme und stechendem Geruch,
Kristallformen des Schwefels. Sowohl wenn geschmolzener Schwe-
fel erstarrt, als wenn er sich aus einer Lösung abscheidet, ordnen sich
seine Teilchen in regelmäßigen Formen, Kristallen, an. Aber merkwür-
Jigerweise, sind die aus geschmolzenem Schwefel erhaltenen Kristalle,
ganz verschieden von denen, die sich aus Lösungen abscheiden. ‚Erstere
silden honiggelbe monokline Nadeln, | letztere blaßgelbe rhombische,
Oktaöder, die gleiche Form, die auch der natürliche Schwefel zeigt.
Die honiggelben, durchsichtigen Nadeln erleiden beim ruhigen Stehen freiwillig
sine Veränderung; sie werden undurchsichıig, verändern ihre: Farbe und bestehen:
nun aus einer Anhäufung von kieinen Kristallen von der Form. des. rhombischen,
ratürlichen Schwefels. Daraus geht hervor, daß die Anordnung der Teilchen des
Schwefels nach der monoklinen Form bei gewöhnlicher Temperatur keine haltbare,
stabile ist, sondern nur eine vorübergehende, /abile oder »metastabiles; über 96.5°%
zeht dagegen die rhombische Form in die monokline über ünd letztere ist von da
ab bis zum Schmelzpunkt die haltbare.
Stoffe, die in zwei verschiedenen Kristallsystemen kristallisieren,
aeißen dimorph.
Versuch 82. In einem bedeckten großen Porzellantiegel oder auch Tontiegel,
sog, hessischen Tiegel, schmilzt man bei kleiner Flamme etwa 100 8 Stangenschwefel,
Man läßt langsam abkühlen, bis sich an der Oberfläche eine dünne Decke von er-
starrtem Schwefel gebildet hat, durchstößt diese an einer Stelle und gießt den noch
Remsen-Seubert, Studium der Chemie, 6. Aufl. 3