Full text: Einleitung in das Studium der Chemie

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Man sieht hieraus, daß man von ‚einer kleinen Menge Stickoxyd 
ausgehend theoretisch eine. unbegrenzte, praktisch immerhin eine sehr 
große Menge Schwefeldioxyd in Schwefelsäure verwandeln kann. 
Bei der fabrikmäßigen Darstellung der Schwefelsäure Jeitet man das aus Schwe- 
tel oder meist aus Schwefelkies oder Pyrit, YeS,, also Eisendisulfid, durch »Rösten«, 
d. h. Erhitzen in einem Luftstrome, nach der Gleichung: 
4 FeS, 4 110, = 2 Fe,0; +385S0,, 
erhaltene Schwefeldioxyd!) in große, mit Bleiblech ausgekleidete Kammern, woher 
der Name »Bleikammerprozeß«; die Verwendung von Blei ist notwendig, weil die 
Schwefelsäure fast alle anderen in Frage kommenden Materialien angreift. Statt der 
Stickoxyde führt man zunächst Salpetersäuredämpfe in die Kammern ein und zugleich 
Wasserdampf. Die erste Reaktion zwischen Salpetersäure und Schwefeldioxyd führt 
zur Bildung von Stickstoffdioxyd und Stickoxyd, die dann in oben angegebener Weise 
‘hre Rolle spielen, 
In Wahrheit ist der Prozeß wohl etwas verwickelter, das wesentliche aber ist 
ımmer die Rolle, die das Stickoxyd NO als Ueberträger des Sauerstoffs 
der Luft an die schweflige Säure, spielt... 
Das Schwefeldioxyd tritt gemengt mit viel Luft zunächst in eine leere Kammer 
ein, in der es den mitgerissenen »Flugstaub« absetzen kann, und dann in einen mit 
zinem porösen Material beschickten Turm (Glov.er-Turm), durch welchen von 
>ben beständig ein Strom mäßig konzentrierter, mit Stickoxyden beladener sogen. 
»nitroser« Schwefelsäure herunterrieselt.. Indem die etwa 300% heißen Gase mit 
Jieser Schwefelsäure in, Berührung kommen, wird dieselbe. konzentrierter und die 
Gase selbst kühlen sich ab, bevor sie in die nun folgenden »Bleikammern« eintreten; 
zugleich findet durch Einwirkung des Schwefeldioxyds auf die Stickoxyde der nitro- 
sen Säure z. T. schon hier eine Bildung von Schwefelsäure statt und der Rest der 
Ixyde des Stickstoffs wird in die Kammern mitgeführt und kehrt so wieder in den 
Beiırieb zurück. 
Zusammen mit den Oxyden des Stickstoffs und dem Schwefeldioxyd wird auch 
die erforderliche Salpetersäure und Wasserdampf in die erste Kammer eingeführt, in 
welcher, sowie in der folgenden zweiten die oben beschriebenen Reaktionen statt- 
Anden. Eine folgende dritte Kammer dient hauptsächlich zur Abkühlung der Gase 
und zur Verdichtung des mitgeführten Wasserdampfes, Es folgt nun als letztes Stück 
des Bleikammersystems wieder ein mit Material von großer Oberfläche beschickter 
Turm, der >»Gay-Lussac-Turm«, durch welchen Schwefelsäure von etwa 80 Proz. 
Gehalt herunterrieselt, die vornehmlich die Aufgabe hat, die vom Gasstrom (nament- 
‚ich aus dem Stickstoff der in dem Prozeß verwendeten Luft bestehend) mitgeführten 
Oxyde NO und NO, aufzulösen und so zurückzuhalten, während die übrigen Gase 
'n den Schornstein entweichen. 
Diese im Gay-Lussac-Turm erhaltene »nitrose« Säure wird dann (zugleich 
nit der ziemlich verdünnten »Kammersäure«) dem Gloveriturm vor der ersten 
Kammer zugeführt, um dort, wie schon erwähnt, ihre wertvollen Stickoxyde in den 
Betrieb zurückzugeben und zugleich konzentriert zu werden, . 
Fig. 43 zeigt den Grundriß der wichtigsten Teile eines Bleikammersystems in 
schematisch vereinfachter Skizze. K sind die zu mehreren zu einer Batterie ver- 
1) Das in Form der »Kiesabbrände« zurückbleibende Eisenoxyd, Fe,O,, findet 
ebenfalls technische Verwendung,
	        
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