Full text: Einleitung in das Studium der Chemie

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Radioaktivität. Gewisse Stoffe, so namentlich Uran- und Thoriummineralien, 
>esitzen die Eigenschaft, unsichtbare Strahlen auszusenden, die sich geradlinig fort- 
pflanzen, aber nicht wie Lichtstrahlen gebrochen und polarisiert werden, dagegen 
gewisse Veränderungen und Wirkungen hervorzurufen vermögen, die sohst durch 
andere Formen der Energie bewirkt werden. Sie besitzen also Strahlungs- 
energie oder Radioaktivität (von radiare, strahlen), und die von ihnen 
ausgesandten Strahlen heißen nach ihrem Entdecker Bec querel-Strahlen. 
Sie sind nicht einheitlich, sondern lassen sich in drei Strahlenarten, die schon oben 
beim Radium erwähnten &-, 6- und Y-Strahlen zerlegen. 
Diese Becquerel- Strahlen können chemische Vorgänge hervorrufen, so Was- 
ser in Knallgas zerlegen, die photographische Platte erregen, farbloses Glas dunkel 
färben, ferner bringen sie den Baryumplatincyanürschirm und die Sidot’sche Blende 
'Zinksulfid) zum Leuchten, vermögen Holz und dünne Metallplatten zu durchdringen 
und Gase (z, B. die Luft) elektrisch leitend zu machen (zu »ionisieren«). Im magne- 
schen Felde verhalten sie sich nicht einheitlich: die y-Strahlen werden nicht abge- 
lenkt, die @x-Strahlen nur mäßig nach der einen Seite hin, die ß-Strahlen aber sehr 
stark und zwar in entgegengesetzter Richtung wie die x-Strahlen, da sie elektro- 
negative Elektrizität sind, letztere aber elektropositiv geladene Heliumatome (vgl. 
Radium). Eine weitere merkwürdige Eigenschaft der radioaktiven Stoffe ist, daß sie 
fortdauernd Wärme entwickeln und daß ihre Ausstrahlungen (ähnlich den Röntgen- 
Strahlen) starke physiologische Wirkungen auszuüben vermögen: sie bräunen die 
Haut, wirken auf Bakterien und Geschwülste hemmend und vernichtend, können aber 
zuch auf gesunde: Organe zerstörend wirken.. 
Die Wirksamkeit gewisser Heilquellen, so der »Wildbäder« (z. B. Gastein, Wild- 
bad i. W., Baden-Baden) scheint auf ihrem Gehalte an radioaktiven Stoffen zu be- 
ruhen und der Grad ihrer Radioaktivität wird ausgedrückt in »Mach e - Einheiten«, 
d. h. die Stärke des elektrischen Stromes, der durch eine bestimmte Luftmenge, die 
durch ein Liter des betr. Wassers »aktivisiert« (ionisiert) wurde, hindurchgeht. Diese 
Stromstärke wird in elektrischen Maßeinheiten ausgedrückt, aber letztere noch mit 
[000 multipliziert, damit die Zahlen nicht gar zu klein werden. So zeigt Gastein 
bis 149, die Büttquelle in Baden-Baden bis zu 125, eine Quelle in Ischia sogar 372 
Mache - Einheiten. Der Grad der Radioaktivität ist übrigens starken Schwankungen 
unterworfen.
	        
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