Full text: Einleitung in das Studium der Chemie

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Materie unendlich‘ teilbar ist. Andererseits können wir aber auch an- 
nehmen, daß wenn man die Teilung immer weiter führt, schließlich doch 
eine Grenze erreicht wird, über welche hinaus eine Teilung nicht mehr 
möglich ist. Wir bekennen uns damit zu der Hypothese, daß die Materie 
nicht unbegrenzt teilbar ist und dies führt weiter zu der Annahme, daß 
aller Stoff in letzter Linie aus unteilbaren kleinsten Teilchen besteht. 
Diese Teilchen hat man als Atome (vom griechischen &opos, nicht teil- 
bar) bezeichnet. Beide Hypothesen haben bei den Philosophen Jahr- 
hunderte hindurch Verfechter gefunden; eine Entscheidung zugunsten 
der einen oder der anderen war nicht möglich, solange für keine der- 
selben eine Stütze in den Tatsachen gefunden war. 
Als der Engländer John Dalton um das Jahr 1807 die Gesetze der 
festen und der multiplen Proportionen zum erstenmal bestimmt formu- 
lierte, griff er auf die Vorstellung von der Konstitution .der Materie aus 
unteilbaren Teilchen oder Atomen zurück. Wenn z. B. jedes Element 
aus Atomen besteht, so ist die nächstliegende Annahme, daß alle Atome 
eines und desselben Elementes einander völlig gleich sind. Unter den 
Eigenschaften, welche diese Atome eines Elementes gemeinsam haben, 
muß aber auch das Gewicht, genauer die Masse, sein. Daraus folgt, daß 
lie Atome eines und desselben Elementes gleich schwer sind. Die Atome 
verschiedener Elemente sind dagegen höchst wahrscheinlich in ihren 
Zigenschaften und auch in ihrem Gewichte verschieden. 
Wir: wollen. nun annehmen, daß bei der chemischen Vereinigung 
zweier Elemente die eigentliche Reaktion zwischen den Atomen derselben 
stattfindet, und zwar in der Weise, daß sich ein Atom des einen Ele- 
mentes mit einem Atom des anderen verbindet und so durch die ganze 
Masse hindurch. Wir wollen ferner annehmen, daß die Gewichte der 
Atome dieser Elemente sich verhalten wie 1:10. Verbinden sich nun 
diese beiden Elemente beim Zusammenbringen im Verhältnis von einem 
Atom des einen auf ein Atom des andern, so wird die entstandene Ver- 
dindung diese Elemente in dem Verhältnis von einem Gewichtsteil des 
einen auf zehn Gewichtsteile des andern enthalten. Und wenn wir bei 
der Analyse: einer Verbindung zweier Elemente finden, daß sie einen 
Gewichtsteil des einen auf zehn Gewichtsteile des zweiten Elementes 
enthält, so können wir, unter der Annahme, daß je ein Atom des einen 
mit einem Atome des zweiten Elementes verbunden ist, weiter schließen, 
daß die (direkt nicht bestimmbaren) Gewichte der Atome dieser beiden 
Elemente sich verhalten wie ı:10. 
Besteht die Materie aus Atomen und findet: die chemische Einwir- 
kung zwischen diesen Atomen statt, so: ist leicht einzusehen, warum die 
Chemische. Reaktion stets zwischen bestimmten Gewichtsmengen der 
Stofte vor sich geht: mit anderen Worten, wir sehen einen triftigen Grund 
für. das Gesetz der festen Proportionen. Da die Atome ferner als un- 
teilbar angenommen werden, so können zwei Elemente, die sich in mehr
	        
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