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Theerfarben.
Spectroskopische Untersuchung der Farbstoffe.
Lässt man weisses Licht auf die Lösung eines Farbstoffes fallen, so
wird bekanntlich ein Theil der farbigen Strahlen, aus denen jenes zu-
sammengesetzt war, absorbirt, ein anderer Theil hindurchgelassen. Zerlegt
man das weisse Licht vorher durch ein Prisma in seine Componenten, so
findet ebenfalls die Absorption derselben Strahlen statt, diese werden im
Spectrum ausgelöscht und an ihrer Stelle erscheinen nun mehr oder
weniger scharf abgegrenzte dunkle Streifen. Die Intensität und Breite der
letzteren wird wesentlich durch die Concentration der Farbstofflösungen,
sowie durch die Dicke der Schicht beeinflusst.
Die Absorption erstreckt sich zunächst auf die, dem Farbstoff ent-
sprechenden Complementärfarben. So giebt z. B. eine verdünnte Lösung
von Fuchsin einen schwarzen Streifen im Gelbgrün, während alle übrigen
Farben hindurchgehen, oder doch wenig geschwächt werden. Bei concen-
trirteren Lösungen verbreitert sich der Streifen nach Blau hin, so dass dieses,
sowie das Violett schliesslich verlöscht werden. Die Absorptionsstreifen
vieler Farbstoffe sind charakteristisch genug um letztere bei einiger
Uebung dadurch identificiren zu können. Es gehört aber immerhin grosse
Vebung dazu um das Spectroskop mit Erfolg anwenden zu können. Im
Allgemeinen ist dasselbe nichts weiter als ein verschärftes Auge und man
wird, wenn man nicht gelegentlich in grobe Irrthümer verfallen will, stets
Vergleichsobjecte zur Hand nehmen müssen. Für spectroskopische Unter-
suchung von Farbstoffen genügen die, zuerst von John Browning in London
construirten Taschenspectroskope. Ein Vergleichsprisma an denselben ist
durchaus zu empfehlen, da es ohne dasselbe schwierig ist, die Stellung
der Absorptionsstreifen zu bestimmen.
Die Taschenspectroskope haben vor Allem die grosse Bequemlichkeit
des geradlinigen Sehens. Für bequemeren Gebrauch desselben hat H. Vogel
ein sehr praktisches Stativ construirt. In Ermangelung des Letzteren. be-
hilft man sich, indem man das Spectroskop in einen gewöhnlichen Büretten-
halter spannt und die zu untersuchenden Flüssigkeiten in Reagensgläsern
oder besser in Fläschchen mit parallelen Wänden, vor dem gegen ein
Fenster gerichteten Spalt befestigt. Man stellt die Spalt- und Fernrohr-
verschiebung derart, dass die Frauenhofer’schen Linien im Zzerstreuten
Tageslicht scharf und deutlich hervortreten. Dabei ist das Vergleichs-
prisma derart zu dirigiren, dass man im Gesichtsfelde scheinbar ein einziges,
durch eine dunkele Querlinie in zwei gleiche Hälften getheiltes Spectrum
erblickt.
Zunächst suche man sich über die Lage der hauptsächlichsten Frauen-
hofer’schen Linien zu orientiren, da diese gewissermaassen die Skala für