396 . Gerichtlich-chemische Untersuchungen,
Bevor wir zu diesen gesonderten Theilen übergehen, wollen wir noch
Einiges über die dabei anzuwendenden allgemeinen Arbeiten mittheilen und
des Näheren ausführen.
Beim Oeffnen der Gefässe, in welchen man die zur Untersuchung ge-
3andten Leichentheile u. s. w. erhalten hat, achte man sogleich auf etwa
dabei auftretende abnorme, auffällige Erscheinungen.
Oft genug kann man bei starker Arsenvergiftung an dem aus den
Arsenverbindungen entwickelten stark knoblauchartig riechenden Arsen-
wasserstoff sicher auf eine Arsenvergiftung hingeleitet werden.
Auch die durch das Vorhandensein von Arsen bedingte Mumifieirung
und Verhinderung der Fäulniss bieten vielfach bei genauer Beobachtung
ainen Anhalt.
In anderen Fällen konnte man einen intensiven Geruch (neben dem
Fäulnissgeruch) nach Blausäure wahrnehmen, während wieder in anderen
Fällen die Leichentheile und Speisereste schon im Dunklen, besonders bei
Umrühren ein recht deutliches Leuchten zeigten und somit die Andeutung
einer Phosphorvergiftung gegeben war.
Lassen sich dergleichen auffällige Erscheinungen, wie dies wohl
meistens der Fall ist, nicht wahrnehmen, so schreite man zunächst zur
Prüfung der chemischen Reaction des Objectes.
Man thut dies am besten, indem man einen Streifen Lackmuspapier
zur Hälfte in den dickflüssigen Brei, der meistens die Leichentheile um-
giebt, taucht und nach kurzem Verweilen herausnimmt, auf eine reine
Glasplatte legt und mit lauem destillirten Wasser abspritzt. Man kann
3o wenn man einen blauen und einen rothen Lackmusstreifen nebeneinander
eintaucht, deutlich die Reaction feststellen und wird nicht durch die oft
irreleitende Färbung der Extracte selbst getäuscht.
Ist die Reaction fast neutral, so kann man einen weiteren Schluss
nicht ziehen, muss jedoch stets den Befund, auch wenn er ein nicht ent-
scheidender war, im Gutachten anführen.
Starke Röthung oder Bläuung des Reagenspapiers deuten auf Vergiftung
mit Säure (resp. sauren Salzen) oder Alkali; jedoch sei hier ausdrücklich
bemerkt, dass bei derartigen Vergiftungen (mit Säuren oder Alkali) die
Reaction nicht immer abnorm sein muss.
Nach Prüfung der Reaction der Leichentheile muss eine genaue Fest-
stellung der äusseren Eigenschaften derselben selbst erfolgen, da dies
vielfach einen recht deutlichen Hinweis für den untersuchenden Chemiker
yeben kann; so ist beispielsweise bei Ammoniakvergiftungen das Gewebe
leicht zerreissbar und weich, bei Schwefelsäurevergiftungen oft geschwärzt,
bei Oxalsäurevergiftung röthlich und zu einer Gallerte aufgequollen u. s. w.
Die genaue Aufzählung all’ dieser Abnormitäten, die hier zu weit führen
würde. findet sich im speciellen Theile. meistens sind übrigens derartige