Zweites Buch: III. IV. 73
entwürdigenden Barbarei begleitet. Oder vielmehr eine grausige
Mischung beider Elemente färbte Wissenschaft, Kunst und Leben.
Nicht das Antike in seiner Harmonie wurde wiederhergestellt. Das
Heidenthumꝰ) im, Gegensatze zum Humanismus:0), und doch in
gewisser Weise verquickt mit demselben, offenbarte sich wild und
bachantisch in widerlicher Verzerrung mitten in dem christlich
heißenden, dem religiös-sittlichen Gehalte des Christenthums ent—
fremdeten Lande.
IV.
Wer etwa in dem dritten Decennium des Jahrhunderts da—
selbst reiste, mußte finden, die Ueberlieferung von den Zuständen
des römischen Kaiserthums werde durch die Thatsachen der Ge—
genwart perdeutlicht. Das neue Königreich Italien unter Hugo
zeigte in allen Ständen die Gesellschaft aufgelöst durch die Fri—
holität der Weltlust. Auch die Cleriker bewährten sich als die
derselben Geweiheten 1). Man sah denselben nur zu sehr an, wie
sauer ihnen der Dienst des Herrn Jesu wurde. Man kürzte
daran, soweit die Umstände das gestatteten; die Messe wurde
mehr durchgejagt als gesungen, häufig setzte man sie aus?), um schnell
bei der Hand zu sein, wenn die weltlichen Spiele beginnen soll—
ten. Jagen und Vogelstellen, auf glänzend geschirrten Rossen sich
tummeln und den Wurfspieß schwingen war ihnen lieber als da—
heim bei der Bibel. sitzens). Daselbst blieb auch das geistliche
Gewand zurück. Also konnte man, ohne vor sich selbst zu errö—
then 2), in die Quirinische Trabea gekleidet, in der Gabinischen
Gürtungs) unter den weltlichen Cavalieren als einer Ihresglei—
chen, als Mann des Fortschritts erscheinen. — Viel lieber ließen
diese Vermummten sich Waidmänner nennen als Lehrer o). Sie
wußten besser was ein Fehlwurf koste, als was die Heilswahrheit
fordert oder verheißt?). Anziehender war der Verkehr mit Schau—
spielerns) als mit Männern ihres Standes; Lustigmacher waren
erwünschter als Priester, Mimen genehmer als Mönche. Goldene