Full text: Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter (1. Band)

Zweites Buch: VI. 
37 
daß eben diejenigen, welche am meisten dazu befähigt zu sein 
schienen, die Halbinsel verließen, freilich in sehr verschiedenem 
Interesse. Die Einen waren jene wissenschaftlichen Wanderer, 
velche wohl das Verlangen hatten die Zustände im Auslande 
zu beobachten, aber nicht sowohl um zu lernen als um zu lehren. 
Den Glanz der italienischen Cultur in der Fremde leuchten zu 
lassen und dann heimzukehren, um den Landsleuten davon zu 
erzählen, war ihre höchste Lust:“). Die Anderen wanderten für 
mmer aus. Wir dürfen sie nicht einmal jenen Colonisten ver— 
gleichen, welche sich glücklich fühlen mittelbar für das Mutter— 
land arbeiten zu können. Wohl unternahmen sie Reisen dahin, 
aber nur wenn die Pflicht des Amtes oder eine außerordentliche 
Katastrophe dazu nöthigte, nicht um den Schmerz der Sehnsucht 
zu mildern. Sie hatten auch anderswo nicht eine neue Heimath 
gefunden; diese war von ihnen nicht einmal gesucht. Die Pietät 
des Patriotismus kannten diejenigen nicht, welche wie Lanfranc 
und Anselm (von Canterbury) weit universellere Größen als die 
des engen Vaterlandes zu schätzen gewohnt waren, an dem 
Wirken für die Wissenschaft im Dienste der Kirche alle Genüge 
hatten. — Anders Anselm der Peripatetiker, welcher uns die erst— 
genannte Classe italienischer Gelehrten repräsentiren mag. Sein 
Leben wird allerdings nur durch gelegentliche Notizen, welche er 
selbst gegeben hat, erhelltis). Aber der Eindruck, welchen die 
überlieferten Reste seiner literärischen Wirksamkeit insgesammt 
als Zeugnisse eines warmen Nationalgefühls bereiten, rechtfertigt 
die Vermuthung, daß der Aufenthalt in Deutschland nur ein zeit— 
weiliger gewesen sei. Sein Herz schlug auch ferner vornehmlich 
für das unvergleichliche Vaterland. Das konnte er auch in der 
Fremde nicht vergessen, so stark die Sympathie für Kaiser 
Heinrich III., so anziehend der Verkehr mit den Deutschen 
war. Er hat Basel, Augsburg, Bamberg, Mainz, das Diadem 
des Reichs, besucht und sei es hier, sei es anderswo, jedenfalls 
in einer deutschenn6) Stadt, jene Disputation gehalten, welche
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.