Zweites Buch: XII XIII. 111
logie hat in jenen Sätzen, welche wir soeben nachwiesen, alles Das
verneint. Sie weiß sicher, daß die Allmacht nicht gleicht der
Macht Alles zu thun, überhaupt nicht als das zuhöchst Charak—
teristische in dem Gottesbegriffe, sondern nur in Harmonie mit
den übrigen Eigenschaften gedacht werden kann. Grade die All—
macht hat der Welt einen Causalzusammenhang als einen blei—
henden eingesenkt, hat bestimmt, daß gewisse Weltdinge gewisse
unveränderliche Qualitäten behalten sollen28). Sie schließt alle
vernunftwidrigen Möglichkeiten als Unmöglichkeiten aus. Ein Mi—
rakel, wie es die Wandelungslehre annimmt, ist selbst ihr unvoll—
ziehbar 28). — Dieselbe kann die Wahrheit nicht nach Belieben
decretiren, sondern nur die an sich seiende, der Vernunft imma—
nente und ihr erkennbare (Wahrheit) offenbaren. Keine Macht
des Himmels und der Erde kann diese erschüttern, lehrt derselbe
Aufklärer, welcher in einer schwächeren Stunde in der Sprache
„der Gläubigen“ redend dies allein „der Hand des Allmächtigen“
vorbehieltz26). — Die Gegner haben dergleichen Inconsequenzen
häufig übersehen, aber um so richtiger das Rationalistische seines
Princips erkannt. Man kann die Klage erheben, daß hier und
da ihre Folgerungen vielmehr widrig verdächtigende Uebertrei⸗
bungen geworden seien. Trotzdem ist ihr Urtheil über die Prä—
missen seiner Abendmahlslehre, über die principale Tendenz mit
Nichten in die Irre gegangen. —
XIII.
Man würdigt Berengar gewöhnlich nur als Mann der Wis—
senschaft. Er ist das in der That gewesen; aber daneben auch
ein nicht ungeschickter praktischer Politiker. Er hat es nur zu gut
gewußt, daß es sich in diesem Streite nicht lediglich um das Recht
handele, zu „der alten“ Abendmahlslehre sich bekennen zu dürfen,
ohne der Häresie beschuldigt zu werden. Dieselbe war ihm zu—
höchst die neue Lichtperle der Erkenntniß1), welche die Vernunft