Full text: Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter (1. Band)

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Folgerecht hätte der Mann, welcher das Recht der Autorität 
im Principe läugnete, die papale als die schlimmste Entartung 
derselben beurtheilen, die Opposition gegen sie grade am aller— 
meisten schärfen müssen. Man hatte alle Veranlassung zu er— 
warten, daß der Antagonismus gegen Rom immerdar die Spitze 
seiner Polemik geblieben wäre. Statt dessen ist eine bedenkliche 
Unstätigkeit nur zu sehr beglaubigt. Je nachdem dort die Con— 
juncturen wechselten, wechselte auch der Ton seiner Rede. So 
oft die Curie ihn ihre Ungnade fühlen ließ, antwortete er mit 
Worten der Verachtung. Er dachte nicht daran, der Person zu 
schonen. Recht mit Behagen wird Papst Leo IX. von ihm als 
ein feiger Schwächling verhöhnt!); was Gewissen heißt, ist diesem 
Priester unbekannt gewesen; er hat sich zum Richter aufgeworfen 
ohne alle Untersuchung?). Aber eben darum gilt er wohl den 
Gegnern als der heiliges) Vater; er heißt der Apostolisches), ver⸗ 
muthlich weil er das Widerspiel alles Apostolischen war. Hätte 
er auch nur irgend ein Gefühl von der Würde des Stuhls 
St. Peter's gehabt, er hätte doch wenigstens mit einigem Anstand 
den Proceß gegen Berengar leiten müssens). Aber Gewalt galt 
in Rom schon damals für Recht; vergewaltigt ward in Vercelli 
nicht Berengar in der Person der dort anwesenden Gesandten, 
sondern Christus der Herr, der Apostel, nach welchem die römische 
Kathedra sich zu nennen pflegts). — Und nun gar jener Nico— 
aus II., jener leichtsinnige, unwissende7) Wüstling mit seinem 
Humberts). Nicht nach Menschenweise hat er den Vertheidiger 
der Rechte der Menschenvernunft behandelt; den wilden Thieren 
wurde er auf sein Geheiß vorgeworfen“). Denn also ist jene 
Rotte von Fanatikern zu nennen, welche in seiner Gegenwart 
durch Geschrei und Drohungen den von Todesangst Gemarterten 
zwangen, mit den Lippen eine Formel auszusprechen, welche nicht 
die alte Abendmahlslehre, sondern eine neue, ein Dogma des 
Wahnwitzes verkündigten0). Nicht als der Infallibilität Hort, nein, 
Zweites Buch: XIV.
	        
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