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Zweites Buch: XVI. XVII.
erhielt sich nicht blos viel behaglicher, sondern auch sicherer als
durch gewagte Bekenntnisse durch das Mittel der Accommo—
dation.
Dazu kam, daß der Eindruck seiner Schriften, welche auch
nach seinem Tode viele Leser gefunden zu haben scheinen, nach—
weislich ein lange dauernder gewesen ist. Die selbst über das
Ende des Jahrhunderts hinaus fortgesetzte antiberengarianische
Literatur zeigt schon durch ihre Existenz, noch mehr durch ihren
Inhalt, welch' ein Heer von Zweiflern der durch die Macht der
Curie vermeintlich Geschlagene hinterlassen habe. Mögen Viele,
wie ein Autor des zwölften Jahrhunderts behaupten zu können
meint14), durch diese Apologeten bekehrt sein; viel größer dürfte
die Zahl derer gewesen sein, in welchen die nämliche Lectüre
zrade die Serupel erregte. Der Eine hatte vielleicht von Beren—
gar gehört, aber Exemplare. seiner Bücher sich nicht verschaffen
önnen; er griff zu einer Schrift sei es von Lanfranc, sei es von
Guitmundus, sei es von Durandus, sei es von Alger, fand sich
aber mehr durch die Excerpte und Referate als durch die pole—
mischen Erörterungen gefesselt. Ein Anderer, welcher bisher glück—
lich gewesen war in dem naiven Glauben, wurde grade durch
das Zudringliche und Peinliche, das Gewundene und Monströse
der Apologie irre. — Genug, die neue Wandelungslehre ist seit—
dem ein überaus wirksames Reizmittel der Skepsis 18) geblieben.
XVII.
Nicht minder vielleicht jene Theorien, welche in dem eben
erzählten Conflict die nur abstracten Basen der gegnerischen Er—
orterungen gewesen waren. Man kam fortan nicht lediglich bei
Gelegenheit auf dergleichen zurück: die Lehren von dem Verhält—
niß des Wissens zum Glauben wurden grade in den Decennien
nach Berengar's Tode der directe Gegenstand der wissenschaftlichen
Tagesfragen. — Es ist unnöthig den Beweis anzutreten, daß