Full text: Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter (1. Band)

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Zweites Buch: XVII. 
mußte gestärkt und behütet werden; gradezu herausfordernd aber 
zum Kampfe war „der Unglaube“ unter den Getauften. 
Als Repräsentanten desselben bezeichnet Anselm?4) den Ros— 
rellinzs). Ob mit Recht? — Bedeutsam ist es gewiß, daß er 
hei der Positivität des Christenthums, gleich als wäre es die 
einzige Religion der Welt, nicht meinte stehen bleiben zu können 
und bereits die Aufgabe einer comparativen Religionsphilosophie 
andeutete. Die offenbar authentische Aussage2s) von den drei 
Besetzen, dem heidnischen, jüdischen und christlichen, dem gleich— 
mäßigen Rechte, der gleichmäßigen Pflicht der Heiden, Juden und 
Thristen, das ihrige zu vertheidigen, stellt nicht nur diese Re— 
ligionen als geschichtliche Erscheinungen auf gleiche Linie; es 
scheint auch, als solle die letzte Entscheidung der alle Apologie 
richtenden rationellen Kritik überwiesen werden. Allein die 
Deutung, als ob der Verfasser ein die wahre Religion Suchender 
sei, wird doch in Betracht der Art, wie er sich in die Zahl der 
Christen27) einschließt, als eine unbegründete abzuweisen sein; 
durch die Berufung auf Anselm's Urtheil kann man sie nicht 
rechtfertigen. Mag dieser immerhin erklären, dem Roscellin könne 
man nicht beikommen durch die Autorität der heiligen Schrift? 8), 
da er an dieselbe nicht glaube, es bleibe nur übrig, denjenigen, 
welcher sich durch die Vernunft zu vertheidigen versucht, durch die 
Vernunft zu widerlegen; es wird dadurch zunächst nichts Anderes 
beglaubigt, als der subjective Eindruck, welchen die Haltung des 
einen Forschers auf den andern machte, mittelbarer Weise aber 
unter Vergleichung der oben angeführten Worte allerdings noch 
ein Weiteres. Dieser „Häretiker“ wollte nicht sein Christenthum 
bergessend erst wissen, um eventuell zu glauben29), wohl aber 
ich des christlichen Glaubens vergewissern durch eine Apologie, 
welche ihrer Natur nach polemisch werden mußte gegen diejenige, 
in welcher Heiden und Juden sich versuchten. Freilich war das eine 
Aufgabe, welche durch das Abschätzen des religiösen Gehalts auch 
des Christenthums nach rationellen Kriterien gelöst werden konnte.
	        
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