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Erstes Buch: IV. V.
schwerlich das Urtheil anzufechten, das Universalistische sei erheb—
lich ermäßigt, die Wissenschaft beinahe auf die Theologie wieder
eingeschränkt ), zugleich mit der Verdächtigung des Humanismus.
Ueberdies trat der durch die Acht der Bildung verscheuchte oder
doch eingeschüchterte Aberglaube schlimmer und anspruchsvoller
denn je in die Oeffentlichkeit zurücks). Es dauerte aber nicht lange,
daß eine heftige Polemik dagegen losbrach. Ihre positive Vor—
aussetzung war das ächte, von den neuen falschen Umdeutungen
zu reinigende Dogma der Kirche. Aber indem sie ihre Kräfte
überspannte, den Feind zu werfen, gerieth sie in einen Spiritua—
lismus, welcher den Offenbarungsglauben selbst zu gefährden
schien.
Und doch waren die Männer, welche sie handhabten, keine
Humanisten im Sinne der speciell Carolingischen Epoche. Diese
hatten sich in ihrer kirchenpolitischen Denkschrift gegen Byzanz
mehr als einmal auf Augustin berufen. Auf eben denselben gin—
gen zur Zeit Ludwigs des Frommen zwei Theologen zurück,
welche es unternahmen, in weit umfassenderem Sinne und mit
deutlicherem Bewußtsein, als dort geschehen war, ihre Zeit auf—
zuklären.
V
Des Bischofs Claudius von Turin Augustinismus war aller—
dings nicht der streng particularistische des zweiten Systems i),
wohl aber die durch das Prädestinatianische gespannte Gottesidee
des tiefsinnigen Numidiers auch die seinige. Der Gedanke der
absoluten rein geistigen Causalität und der andere von dem aus—
schließlich durch diese bedingten Heile traten auch in seinem Lehr—
begriffe überall in lichter Klarheit hervor. Indessen sind beide
bei ihm doch eigenthümlich verwendet. Nicht daß er im Interesse
der logischen Consequenz Folgerungen gezogen hätte, welche über
die Linien der ächt Augustinischen Lehre hinausgingen; es war