Full text: Geschichte der religiösen Aufklärung im Mittelalter (1. Band)

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Erstes Buch: VIII. IX. 
diese Geständnisse hörten und an der Richtigkeit derselben nicht 
meinten zweifeln zu können, wurden dadurch verführt das Wider— 
sinnigste zu glauben. 
IX. 
Daraus allein, meint Agobard, erklärt es sich auch, daß das 
Gesetzi) Gundobald's noch immer gilt. Das Gottesgericht, wel— 
ches durch dasselbe in gewissen zweifelhaften Rechtsfällen angeord— 
net wird, setzt einen Glauben voraus, welcher sich für einen from— 
men hält, in der That aber nur eine Species des Aberglaubens 
ist. Gott soll da eingreifen, wo man es verlangt. Man nimmt 
an?), daß in diesem Zweikampfe demjenigen unfehlbars) zum 
Siege verholfen werde, welcher das sittliche Recht für sich hat. 
Und doch ist das eine durch nichts begründete Voraussetzung. In 
den meisten Fällen wird die Entscheidung durch eine ganz andere 
Eigenschaft motivirt: der physisch Ueberlegene überwindet, der 
Schwächere unterliegt). Nichtsdestoweniger betrachtet der herr— 
schende Dogmatismus als ein übernatürliches, allen Zweifel lb— 
sendes Wahrzeichen“) eben dasjenige, was aus dem geschichtlichen 
Hergange sich gar natürlich erklärt, greift also fehl. Allein das 
noch viel Schlimmere ist, daß das sittliche Urtheil verwirrt, die 
Reinheit des christlichen Theismus verdunkelt wird. Freilich wenn 
das Bekenntniß zu demselben dadurch am sichersten sich bewährte, 
daß unter Absehen von allen natürlichen Causalitäten immer auf 
die übernatürliches) direct zurückgegangen würde, so wären die 
Vertheidiger der Gottesgerichte die gläubigsten Christen. Aber 
dieselben sind vielmehr des Unglaubens anzuklagen. Ihre Idee 
Gottes ist eine andere als diejenige, welche in dem Christenthume 
enthüllt ist. Der Herr hat sich freilich offenbart, aber nirgends 
offenbart ), daß er auf Veranlassung eines von irrenden Men—⸗ 
schen willkürlich angeordneten Waffenganges in dem Erfolge über 
Schuld oder Unschuld entscheiden werde. Nicht an diejenige Vor—
	        
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