Full text: Natur und Gott

Pedeutung der Natur für die Religion. 
(bei der Keinkarnation) zum guten Wesen, wer Böses tat, zum dösen. 
Auf dem Begehren ruht des Menschen Natur: wie sein Begehren ist, 
so sein Streben; wie sein Streben ist, solche Tat tut er; welche Tat 
Rarman) er tut, zu solchem Dasein gelangt er. So ist der Karman der 
Weltmechanismus, welcher den Seelenwanderungen von Dasein zu Da⸗ 
sein den Weg vorschreibt: „Die Tat ist der Wesen Besitz, ihr Erbteil, der 
Mutterleib, der sie gebiert. Die Tat ist das Geschlecht, dem sie verwandt 
sind, ist ihre Zufluchttos).“ 
Ist in diesen Ausführungen die Freiheit der Tat bis zum Außer⸗ 
sten, bis zur Gestaltung des ganzen Geschickes betont, die durch den Ver⸗ 
geltungsgedanken sich naturhaft vermittelt, so treffen wir auf den Gegen⸗ 
pol dieser Gedanken in Babylon. Dort werden, allerdings erst spät, wie 
es scheint, die einzelnen Gottheiten ganz systematisch bestimmten Gestir⸗ 
nen, zumal den Wandelsternen zugeordnet. Dem Kundigen enthüllen sie 
durch die Himmelsbewegungen ihre Pläne; den himmlischen Vorgängen 
folgen die irdischen mit unwandelbarer Zuverlässigkeit nach. Damit tritt 
im Grunde an Stelle des lebendigen Götterwillens das unwandelbare 
Schicksal. Spuren dieses Fatalismus verbreiten sich im Susammenhange 
— VV 
er Jahrhunderte lang großes Ansehen besaß und mit genuin griechi⸗ 
schem Schicksalsglauben (Moiren, speziell Tyche — Fortuna) zusammen— 
floß. Auch der Hymnus des Kleanthes enthält diese Beziehungen, gibt 
hnen aber zugleich eine eigenartige Wendung auf die Vernunft des Alls: 
„Zeus, du und das Schicksal führe mich zum Ziel, das ihr mir verordnet 
habt. Ewig Allmächtiger, Führer der Natur, der du nach dem Gesetz 
alles regierst, alles hast du so in eins zusammengefügt, daß eine ewig 
währende Vernunft in allem ist. Wer dem allgiltigen Gesetze Gottes 
folgt, hat ein rechtes, vernunftgemäßes Ceben. . .. denn nichts Höheres 
gibt es für die Sterblichen noch für die Götter als das allgiltige Gesetz 
zu preisen.“ 
Kann so der Vergeltungsglaube eine mit dem Gottesglauben nur 
lose zusammenhängende oder ganz von ihm unabhängige Gestalt ge— 
winnen, so ist doch das nicht die Regel, sondern die vergeltende Ge— 
rechtfertigkeit wird zu einem Grundattribut der Gottheit. Damit ist aber 
nicht nur gesagt, daß sie den Redlichen liebt und fördert, den Bösen 
straft, sondern auch das ist eingeschlossen, daß die Gottheit es an sich 
10os) Oldenberg, Reden, S. 52. 261; Garbe, Die Samkhya-Philosophie (1894), 
s. 178. 180. 
1060) Vgl. 3. B. Oldenberg, Reden des Buddha, 5. 444 das „Diebsgestirn“, 
unter dem einst der Bodhisatva geboren wurde. 
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