Full text: Natur und Gott

88 Bedeutung der Natur für die Keligion. 
könne, konnte dem Menschen an Vegetation und Pflanzenwelt, an dem 
rastlosen Fließen und Vergehen des Lebens nicht aufgehen. Kuch der 
wechselnde Mond schien ein immer neuer zu sein und selbst die Sonneuus) 
konnte man als täglich sterbend und neu erstehend auffassen. Aber hier 
mußte genauere Erkenntnis ein besseres Bild geben: „Der eine, der Him— 
mel und Erde trägt, nimmer wird er müde“; grau ist er vor Alter; 
auch Rad und Speichen altern nimmer:o). Nicht ohne Interesse ist es, 
daß im babylonischen Adapamythus gerade Anu, der uralte himmels- 
herr, als Vertreter ewiger Ordnung über Lebensspeise und Lebenswas⸗ 
ser verfügt. Es kommt freilich später eine Zeit, in der religiösem Grü— 
beln und spitzfindigen Gedanken selbst die Unzerstörbarkeit der ewigen 
Cichter zweifelhaft wird (s. u.), aber vorerst und auf lange Seit ge— 
nügte sie, um im Menschen die Sehnsucht nach unsterblichem Leben im 
Cicht anzuregen. Schon der Rigveda kennt dies Reich der Seligen; „das 
Reich, wo unerschöpflich Cicht, aus dem entspringt der Sonne Glanz, in 
dieses Reich versetze mich, das ewige, unsterbliche. Dort wo als König 
hama thront, im heiligsten der himmelswelt, wo Wasser stets lebendig 
strömt, dort lasse mich unsterblich seintet).“ Im Mazdaismus ist dies 
ewige Ziel bestimmend für die ganze Art der Frömmigkeit: „Gehe hin 
mit den Frommen, denen wir das Heil wünschen, wo Reinheit sich mit 
Demut vereinigt, wo das Reich des Glücks Vohu mana ist, da wo Mazda 
Ahura im Glücksheim wohnties).“ In der gleichen KRichtung bildet sich die 
Jahwe⸗Religion um; während die ältere Zeit nur einen Scheol kennt, 
in dem man zu Gott nicht mehr in Beziehung steht und ihm nicht mehr 
Cob sagties) und der Skeptiker die allgemeine Unwissenheit darüber fest— 
stellt, „ob der Geist des Menschen nach oben geht und die Tierseele nach 
unten)“, ist es dem Weisen der Griechenzeit bereits sicher, daß die Weisen 
leuchten werden wie die himmelsfeste und die Lehrer der Gerechtig— 
keit wie die Sterne auf immer und ewig. Auch das Urchristentum ver— 
wendet zur Zeichnung des ewigen Lebens die gleichen Bilderrs). Wie 
aus der Gefangenschaft befreit, steigt nach mandäischer Auffassung die 
Seele, von der Lichtwolke geleitet, zum Orte des Lebens auf, zum Orte, 
dessen Sonne nicht untergeht und dessen Lampen des Cichtes nicht dun—⸗ 
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1189) Vgl. Frobenius über Schango, der — täglich — in jugendlichem Alter 
stirbt, S. 238, vgl. 5. 245. 
120) Rigveda J, 164 v. 1. 10. 11. 14; vgl. die Widmung Soli aeterno bei 
Wissowa 278 A. 5. 
121) Deussen J, 289. 122) Yasna 46, 16. 
123) ps. 6,6; 30, 10; 115, 17. 124) Rohelet, 3, 21. 
128) Dan. 12,3; vgl. Jes. 26,19; Matth. 13, 43. 17,2; 1. Kor. 15, 41.
	        
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