Bedeutung der Natur für die Religion.
Den gleichen Grundgedanken treffen wir in dem indischen Denken,
jedoch weit kraftvoller und mit erstaunlicher Kühnheit der Spekulation
durchgeführt. Die Theogonien, die wir so häufig in der Antike treffen,
werden jetzt verwendet, um die Götter kurz beiseite zu schieben; sie sind
erst im Laufe der Entwicklung entstanden, können also über den Welt—
anfang nichts sagen, und es fragt sich selbst, ob das Wesen, von dem der
Anfang ausgeht, etwas darüber aussagen könnters). Aus dieser Über—
windung der Naturmnythologie durch das indische Denken zieht der Bud—
dhismus nur die letzten Konsequenzen, indem er wie die Anfangslosig—
keit so die Endlosigkeit der Götter in Abrede stellt und die Himmelswelt
in das ewige Werden hineinzieht. Uber Buddhas „Löwengebrüll“ ge—
raten die Götter selbst in Furcht: „So sind wir denn vergänglich und
haben geglaubt, wir wären unvergänglicht)7“ Aber auch im Brahma—
nismus versinkt die alte Götterwelt und neue Größen halb mnthologi⸗
scher, halb abstrakter Art wie Prajapati, der herr der Geschöpfe, Vic—
vakarman, der Weltbildner, Brahmanaspati, der herr des Gebetes, Pu⸗
rusha d. h. Mensch, Geist treten auf und führen zu der eigenartigen
Brahma⸗ und Atman-Spekulation über, in der das indische Denken sei—
nen Höhepunkt erreicht. Neben diesem hinausgehen der Spekulation über
die Mythologie ist für die indische Gedankenentwicklung charakteristisch,
daß sie (im Unterschied zur hellenischen) gleichwohl durchaus religiös
eingestellt bleibt. Es ist das Brahman, die Andacht oder Inspiration des
Betenden, das zum Prinzip des Alls erhoben und über alle sinnlichen
Ausgangspunkte hinaus zu höchster Geistigkeit geführt wird.
Der Upanishad-Theologie gilt Brahman als allgegenwärtig, alldurchdrin⸗
gend, unteilbar, weil unendlich nach allen Seiten, ohne Innerliches und ohne Auße⸗
res. Alle Dielheit wird abgelehnt, ebenso alle Veränderlichkeit. Als Einheit soll
man anschauen unvergänglich, unwandelbar, ewig, nicht werdend, nicht alternd,
raumerhaben das große Selbst. Im letzten Grunde ist es auch unerkennbar, un—
sichtbar, ungreifbar, ohne Stammbaum, farblos, „nicht so, nicht so“, und doch
lauter Ceben, CLicht und Wonne. Wenn einer in jenem Unsichtbaren, Unrealen,
Unaussprechlichen, Unergründlichen den Standort findet, ist er zum Srieden ge—
langt. Der letzte charakteristische Zug der Upanishad-Philosophie liegt in der
Gleichsetzung von Brahman und Atman d. h. die Kraft, welche alle Wesen trägt,
erhält und immer wieder in sich zurücknimmt, wird mit unserm innersten und
wahren Wesen, unserer Seele gleichgesetzt; nur im eigenen Innern kann der
Sschlüssel zur Lösung des Welträtsels liegen. Hinter den einzelnen Naturgewalten
wird in allen Religionen von jeher ein menschenähnliches, persönliches Wollen
und Wirken vorausgesetzt; dies aber wird jetzt als letzte Einheit, als machtvoll
einheitliches Wirken (Brahman) gedacht und mit dem Ich in eins geschaut. Alle
dinge der Welt sind der Atman selbst und er allein liegt als die ganze Welt
1728) Rigreda 10, 129 v. 6. 179) Dighanikaya S. 97.
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