Bodeutung der Natur für die KReligion.
Damit ist der Anschluß an die Vergeistigung des Gottesgedankens
erreicht, zu welcher die spekulative Rosmologie hinführte, und es be—
deutet daher keine Verfälschung der genuin prophetischen Frömmigkeit,
wenn etwa gleichzeitig Grundgedanken der hellenistischen Cogos⸗ (bzw.
Weisheits⸗) Spekulation auf jüdischem und christlichem Boden heimats-
recht erhalten. Aber die entscheidenden Unterschiede bleiben: die strenge
Abgrenzung gegen die polntheistische Religion, der bestimmte Theismus
und die Wesensfassung des geistigen Gottes als Gesinnung, als Wille,
der sich auf den Menschen und sein Leben in der Welt richtet. Auch die
Intelligenz des göttlichen Wesens wird nicht spekulativ erfaßt, sondern
als Einsicht zur Erreichung praktischer Ziele, niedergelegt in den Ord⸗
nungen der Natur und der menschlichen Gemeinschaft. Darum ist auch
hier ohne jeden Bruch der Entwicklung die Stufe der Naturgottheit mit
ganz anderer Sicherheit überwunden als in Indien. Denn wiewohl das
Bild auch der größten Propheten von Gott von Reflexion und Philoso—
phie unberührt bleibt und sich hinsichtlich des Grades philosophischer
Abstraktion mit dem indischen wie auch dem hellenischen überhaupt nicht
vergleichen läßt, ist hier der Gottesgedanke von positiven geistigen Ziel⸗
gedanken völlig erfüllt und damit über die bloße Natur bestimmt hin⸗
ausgehoben.
Der Inhalt des Zielgedankens stammt zunächst aus der Ordnung
der Natur und der menschlichen Gemeinschaft. Diese Ordnung erscheint
auf Grund der Schöpfung als eine gottgesetzte, also als Inhalt des
göltlichen Willens. Mit Bezug auf die Natur ist das selbstverständlich,
da sie direkt auf Gott als ihren Urheber zurückweist, aber dieser Zu—
sammenhang involviert zugleich für den Menschen die Verpflichtung, an
seinem Teile die Naturordnung zu respektieren?is). Die künstliche Bastar—
dierung war verpönt?ie). Auf gleicher Linie liegt aber auch das israe—
litische Verbot der Verhüllung des eigenen Geschlechts?rr) (gegenüber der
ausgearteten phönizischen Rultsitte) und insbesondere aller widernatür⸗
lichen Sexualität und Blutschande?is). UÜberhaupt wird die gesamte
menschliche Lebensordnung auf Gottes Schöpserordnung zurückgeführt.
So treffen wir in Indien eine Erzählung, wie alle Cebewesen bis zu
den Dämonen hin vom Schöpfer ihre Lebensordnung erbitten und er⸗
— A) vgl. oben 8. 101. Noch Philipp I. bedrohte, als der göttlichen Ordnung
zuwiderlausend, alle Pläne eines Durchstichs der CLandenge von Panama mit Todes-
strafe. Schmerzleidende Mittel, Impfung u. dgl. haben sich gegen dieselbe Auf—
fassung erst mühsam durchgesetzt.
2160) Vgl. gegen die Mischung von Pferd und Esel Hehn 133 und das Ur—
teil des Plinius: neque omnia insita misceri fas est. Dazu Lev. 19, 19, auch
hiob 31, 38. 217) Deut. 22,5. 218) Lev. 13, 1uff. Römer 1, 20f. 1. Kor. A