Full text: Natur und Gott

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Griechischechristliche Gesamtanschauung. 161 
besitzen werdenẽs). Das Bindeglied zwischen Gott und den Seelen, wei— 
terhin der Welt, bildet der CLogos, der im stoischen Sinne als das schöp⸗ 
ferische, die Welt des Vernünftigen durchdringende Prinzip angesehen 
wird. Schöpferisch tätig tritt diese „Idee der Ideen“ zuerst in der Schaf⸗ 
fung des göttlichen Geistes auf; auch auf die geschaffenen Vernunft— 
wesen kommen Reflexe von ihm; diese geistige Schöpfung muß als ein 
Teilreflex der Gottheit ewig und unendlich sein; Gott ist der letzte Welt⸗ 
grund, sofern er den Befehl zur Schöpfung gab, der Logos ist der 
eigentliche Dem'urges). In diesem ewigen Entwicklungsprozeß der Geister 
hat die materielle Welt zunächst keinen Kaum, denn Materie ist (im 
Sinne des platonischen Apeiron) mit Wandlung, Übel und Tod not— 
wendig verbunden; das, was die Seele an die Materie bindet, ist die 
ZSünde; andererseits hängen Raum (als das eigentliche Apeiron) und 
Materie eng zusammen; ohne Leibeshülle kann im Raum keine Seele 
seinso). Die Welt der Vergänglichkeit, so fassen sich diese Gedanken zu— 
sammen, ist erst eine Folge des Abfalls der Geister, zu ihrer Strafe und 
Erziehung von Gott geschaffen, indem er die Materie ergriff und formte. 
Durch die Welten, die in ewigem Wechsel einander folgen, verzehrt und 
erneut durch Feuer, ist den Geistern die Möglichkeit gegeben, zu dem 
reinen Leben zurückzukehren. So ist es das Vernunftwesen, auf dessen 
Ziele Origenes die Welt bzw. die Fürsorge Gottes vornehmlich bezieht; 
m Blick auf diese Ziele gilt ihm die Welt als Ganzes als vollkommen; 
durch ihre Schönheit führt sie zur Bewunderung und Anbetung des 
Schöpfers als des guten Gottes). 
Man sieht, in wie hohem Maße diese Gedanken den alt-christlichen 
entsprechen, wie aber auch an manchen Punkten ein unversöhnlicher Kon⸗ 
flikt mit der christlichen Tradition entstehen mußte. Origenes selbst 
überwand die Schwierigkeit durch seine allegorische Schriftdeutung, seine 
Annahme von mündlich überlieferten Geheimlehrene?) und seine Unter— 
scheidung zwischen Pistikern und Gnostikern. Der dogmengeschichtliche 
Prozeß, den er im hohem Maße befruchtet hat, führt zur Ausscheidung 
58) 381. 
s0) 7,38; 6, 60; 5, 39; 4, 52; 6, 69; weitere Sitate 3. B. —A 
14, 484 f. 
o6) C. Cels. 4, 63; 7, 50. 32f., vgl. oben 5. 140. 
ei) 4, 99. 3, 7. 4, 26. 6, 29. 4, 28. 
se) Geheimlehre Jesu 2,2 (nach Joh. 16, 12f.); der Propheten 2,6 (nach 
Psalm 77, 2. 118, 2); vgl. noch 6, 6f.; 2,17. Der Widerspruch der bloßen pistiker 
(„Gläubigen“) wird mit 1. Kor. 1, 21 scharf abgewiesen, vgl. 5, 16. 20. Dabei 
wird aber die Partei der schlichten Gläubigen gegen Angriffe stets verteidigt 
(ck. 7, 46). 
Trtius, Natur und Gott.
	        
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