Full text: Natur und Gott

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Griechisch⸗christliche Gesamtanschauung. 163 
beteiligt, so mußte anscheinend die Frage naheliegen, ob sie nicht ein 
voller Ausdruck seines Wesens, also selbst göttlicher Art sei. Aber ob— 
wohl die philosophischen Systeme, namentlich das stoische und neuplato— 
nische einen pantheistischen Charakter tragen und infolge davon auch 
den Wendungen der philosophisch geschulten Väter nicht selten eine 
panthestische Färbung eignet, ist es doch bei dem starken Eindruck des 
Gottesbildes und der Eschatologie, bei der kirchlichen Coslösung des 
Cogos vom Weltgedanken und bei dem starken stimmungsmäßigen Dua— 
lismus von Gott und der Welt in der alten Christenheit, zu wirklichem 
Pantheismus vor der Renaissance nicht gekommen. „Himmel und Erde 
hast du nicht von dir selbst gemacht, sonst wären sie deinem Eingebore— 
nen gleich“, so formuliert es Augustin. Dagegen wird gern der ethische 
Charakter des göttlichen Handeln betont und den menschlichen analoge 
Motive, seine Güte und Liebe, die Rücksicht auf seine Ehre und die 
Offenbarung seiner Weisheit werden hervorgehoben und damit jede 
Notwendigkeit der Welt, jeder Gedanke an ihre Emanation aus dem 
götllichen Wesen ausgeschlossen. Wie streng man in dieser Beziehung 
dachte, zeigt die Behandlung der Frage, ob die Welischöpfung eine 
ewige sei, d. h. ob Gott von Ewigkeit her schuf. Aristoteles hatte die 
Bewegung der Gestirne als ewig symmetrische angenommen; ein zeit— 
licher Anfang derselben könne nicht gedacht werden. Trotz Philo's Ein⸗ 
spruch war diese Weltewigkeitslehre von Ammonius, Plotin, Proklus 
aufgenommen und zum Neuplatonischen Dogma erhoben. Clemens von 
Alexandrien lehrt demgemäß eine Zeitlosigkeit der göttlichen Schöpfungs⸗ 
tätigkeit; Gott schuf von Ewigkeit her Welten und hört nimmer auf, 
solche zu schafsen. Ebenso hält Origenes zwar fest, daß die gegenwärtige 
Welt einen zeitlichen Anfang (wie auch Abschluß )habe, aber er nimmt 
an, daß Gott von Ewigkeit her als Schöpfer tätig gewesen sei, teils 
wegen seiner Güte, die sich von jeher in schöpferischer Tätigkeit habe er⸗ 
weisen müssen, teils wegen seiner Allmacht, die von Ewigkeit her einen 
Gegenstand gehabt haben müsse, teils wegen seiner Unvperänderlichkeit, 
welche aufgehoben werde, wenn man einen Übergang vom Nichtschaffen 
zum Schaffen in Gott annehme. Diese Annahme ist ohne Zweifel nicht 
pantheistisch; dennoch ist sie im Interesse der Selbstgenügsamkeit Gottes 
erbittert bekämpft und auf der Synode von Konstantinopel 543 aus— 
drücklich verurteilt worden. Das Problem der Zeitlichkeit der Schöpfung 
hat Augustin durch die Feststellung zu lösen versucht, daß der Zeitbe— 
griff nicht denkbar sei ohne Bewegung und Veränderung; solche aber 
gab es nicht vor Schöpfung der Welt, also sei diese nicht in der Zeit, 
sondern mit der Zeit vollzogen. Die Hochscholastik hat später anerkannt, 
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